Baseballkeulengroße Klöppel

Turbulent-schweißtreibendes Trommelspektakel mit einfachen Aha-Effekten, das sich an die ganze Familie richtet: „Yamato – The Drummers of Japan“ in der Musikhalle

Tradition zugleich respektieren und weiter entwickeln

Eine Aura von Mystik und Ehrfurcht gebietender Geschichte liegt in der Luft, wenn mit Yamato das renommierteste unter Japans knappem Dutzend professioneller Taiko-Ensembles auftritt: Immerhin ist die Taiko-Trommel eins der ältesten Musikinstrumente überhaupt. Und im Programmheft, für die Besucher des größtenteils wortlosen Spektakels eine wichtige Informationsquelle, wird ein Bogen geschlagen zum alten buddhistischen Yamato, im 7. Jahrhundert n. Chr. der erste vereinigte Staat auf heutigem japanischem Territorium.

Aber das Programm der Percussion-Truppe, die am Freitag in der Musikhalle ihre Hamburg-Premiere inklusive begeistert aufgenommener Mitmach-Nummern feierte, erschöpft sich nicht in solcher Historie. Die Rhythmen, die den Trommeln und einigen anderen Instrumenten entlockt oder, etwa der fassähnlichen Miya-Daiko, geradezu abgetrotzt werden, sind immer wieder auch ganz moderne.

Ähnlichen Ensembles, wie sie in den vergangenen Jahren europäische Bühnen bespielt haben, mag es um möglichst authentische Aufführungen der alten Musik gehen. Yamato dagegen lassen sich gerne zitieren mit Sätzen wie: „Wir wollen die Tradition weiterentwickeln“, bekennen sich zur Liebe zu „Rock- und Popmusik“ und scheinen den oftmals spirituellen Kontexten ihrer Kunst gleichwohl größten Respekt zu zollen.

Ein Abend mit Yamato ist vor allem eines: kurzweilig. Wenn die fünf Frauen und fünf Männer auf der Bühne ihren Knochenjob verrichten – angeblich verlieren sie beim Spielen und Umherräumen der „beseelten“ Klangkörper allabendlich ein bis zwei Kilo Körpergewicht –, wechseln sie dabei so munter durch die Instrumente und Bühnenformationen, dass die Zeit zu fliegen scheint, wie die teils baseballkeulengroßen Klöppel auf die Felle treffen. Dann wieder bremsen Yamato das Tempo und lockern die strenge Bühnensymmetrie durch clowneske Einlagen auf, bei denen das Kinderfernsehen Pate gestanden haben mag: Da wetteifern etwa zwei quirlige Gestalten mittels immer größerer Trommeln um Zuspruch, bis sie merken, dass sie gemeinsam noch viel besser musizieren können. Ein turbulenter, mit Ticketpreisen ab 30 Euro übrigens auch reichlich teurer Abend, der sich betont an die ganze Familie richtet, darf die inhaltlichen Aha-Effekte wohl nicht zu hoch hängen.

ALEXANDER DIEHL

weitere Vorstellungen: Di, 22.7., bis So, 27.7., jeweils 20 Uhr (Sa auch 16 Uhr), Musikhalle