Die Hauptakteure

ALASTAIR CAMPBELL ist der Chefarzt unter den Spin Doctors, mit denen Tony Blair das Kunstprodukt New Labour geschaffen hat. Campbell ist mehr als Blairs Sprecher in der Downing Street – der 46-Jährige gilt als der wichtigste Vertraute des britischen Premiers. Campbell ist Aufruhr um seine Person gewohnt – er sieht das als zyklisch wiederkehrende Angelegenheit. „Wir können nicht in einer Weise Lügen verbreiten, wie es Diktaturen tun“, erklärte er noch im März dieses Jahres bei ABC die Schwierigkeiten, einer skeptischen Öffentlichkeit den Irakkrieg zu verkaufen. War das vor vier Monaten eher als Beweis des Gegenteils gedacht, könnte Campbell aus heutiger Sicht doch Recht behalten. Über einen möglichen Nachfolger wird bereits spekuliert.

Journalisten sind in Campbells Kalkül stets nur die fleißigen Ameisen gewesen, die ebenjene Krumen in ihre Höhle tragen, die man ihnen hinwirft. Wenn einer sich eigene Recherchewege aufbaut, wie BBC-Korrespondent ANDREW GILLIGAN, dann gibt es schon mal Ärger. Etwa als Gilligan als BBC-Reporter aus dem Irak berichtete und die Beiträge nicht immer dem entsprachen, was die Krieg führende Regierung gern lesen wollte. Oder eben jetzt, als Gilligan mit der Geschichte herauskam, wie der Unsinn über die angeblich in 45 Minuten einsatzbereiten irakischen Massenvernichtungswaffen Eingang in die offizielle britische Kriegsbegründung fand und Gilligan beim besten Willen nicht damit herausrücken wollte, wer seine Hauptquelle gewesen sei. Auch nicht, als er in der vergangenen Woche vom außenpolitischen Ausschuss des britischen Unterhauses streng befragt wurde.

Nicht so vertraulich ging hingegen das britische Verteidigungsministerium mit dem Namen des als Verräter Verdächtigen um. Es war die von GEOFF HOON geleitete Behörde, die den Regierungsberater und ehemaligen UN-Waffeninspekteur David Kelly als mögliche Quelle der Berichte Andrew Gilligans öffentlich ins Spiel brachte. Hoon, Verteidigungsminister seit 1999, kann zusammen mit Campbell als derjenige gelten, der dafür verantwortlich ist, auf die Kritik an der britischen Regierung reagiert zu haben, indem er gegen die Kritiker als Personen vorging, Gilligans Glaubwürdigkeit in Zweifel zog, Kellys Namen öffentlich ventilierte. Das will er jetzt gar nicht gewesen sein. Nichtsdestoweniger sieht auch Hoon sich mit Rücktrittsforderungen konfrontiert, die der enge Blair-Vertraute, dem bis heute nachgesagt wird, von Verteidigungsfragen eigentlich nicht viel zu verstehen, allerdings weit von sich weist.

BERND PICKERT