Streikender NHL-Star will nach Köln

Der Eishockey-Club Kölner Haie will den kanadischen Star Dany Heatley verpflichten. Der Top-Scorer der letzten WM will sich im Falle eines Streiks der nordamerikanischen Hockey-Liga in Deutschland fit halten

KÖLN taz ■ Es hörte sich schon ziemlich wild an, was eine große Boulevard- Zeitung da unlängst vermeldete. „Kölner Haie jagen Dany Heatley“, schrieb das Blatt ganz lapidar dahin. Man stutzte. Moment, wen? Kann nicht sein. Doch! Es geht um Dany Heatley. Die Rede ist wirklich vom kanadischen Stürmerstar, dem Topscorer und wertvollsten Spieler der Eishockey- Weltmeisterschaft in Tschechien, der in der National Hockey League (NHL) in Atlanta Millionen Dollar verdient. Natürlich, dachte man sich. Ein Mann wie Heatley hat nichts Besseres vor, als in Köln zu spielen. Und wahrscheinlich wird der große Wayne Gretzky Teammanager beim KEC. Ha, Ha!

Na gut, aber nachfragen kann man ja mal. Das Ergebnis der Telefon-Recherche überraschte dann noch mehr. „Ja, es stimmt. Heatley ist uns angeboten worden“, rief KEC-Geschäftsführer Thomas Eichin in den Hörer. „Wir sind natürlich interessiert und prüfen die Konditionen“. Angeblich soll der 23- jährige Heatley, der in Freiburg geboren wurde und dessen Vater Murray lange in Deutschland spielte, 300.000 Euro netto von den Haien fordern. „Die Summe kann ich weder bestätigen noch dementieren“, sagt Eichin. „Nur so viel: Wir werden finanziell alles versuchen, aber keine Schulden machen. Wenn es nicht machbar ist, dann lassen wir es sein.“ Es gebe viele Dinge zu klären, meint Eichin. „Es geht nicht nur um das Gehalt. Wir müssen auch klären, wie hoch die Versicherung ist, die wir für ihn zahlen müssten.“

Hintergrund der erstaunlichen Geschichte: In der NHL wird wahrscheinlich in der nächsten Saison gestreikt. Spielergewerkschaft und Liga verhandeln, konnten aber bislang keine Einigkeit in Gehaltsfragen erzielen. Die möglicherweise eishockeyfreie Zeit in Nordamerika möchte Heatley, wie zum Beispiel auch der deutsche NHL-Spieler Marco Sturm, mit einem Engagement in Europa überbrücken.

Haie-Sportdirektor Rodion Pauels ist verständlicherweise angetan von dem möglichen Sensations-Transfer. „Natürlich ist Heatley interessant für uns. Wir wollen uns nicht vorwerfen lassen, dass wir schlafen.“ Allerdings, so Pauels weiter, berge die Sache immer die Gefahr, „dass wir ihn holen und er nach drei Wochen wieder zurück in die NHL geht, falls der Streik schnell beendet ist.“

Und außerdem sei Heatley auch dem Schweizer Erstligisten Lugano angeboten worden. Trotz aller Schwierigkeiten und Hindernisse: Die Idee, Heatley könne ein – wenn auch nur kurzes – Gastspiel in Köln geben, ist sehr charmant. Es wäre ungefähr so, als käme ein Torjäger wie Ruud van Nistelrooy für eine Saison zum VfL Bochum. Eine wirkliche Sensation.

Auf jeden Fall wäre Heatley in Köln die größte Eishockey-Attraktion seit dem legendären Russen Sergej Berezin, der beim KEC in den 90er Jahren in Köln seine internationale Karriere startete und später zum Starstürmer in der NHL avancierte. 6.000 Dauerkarten hat der KEC für die nächste Saison verkauft. Sollte Heatley tatsächlich nach Köln kommen, so würden die Haie ihren Vereinsrekord von 6.500 abgesetzten Saisontickets aus der vergangenen Spielzeit vermutlich leicht und locker übertreffen. Einen Stürmer wie Heatley sieht man nicht alle Tage. Und vor allem nicht in der Deutschen Eishockey-Liga.

CHRISTIANE MITATSELIS