Glückliche Schussfahrt im Roller

In Ennepetal fanden am Wochenende die deutschen Meisterschaften im Tretrollerfahren statt. Zum Showdown traf sich die übliche handvoll Protagonisten. Lokalmatador Lars Kessler wird zweiter

Heute fährt Kessler Rennen, während seine Freundin ab und an mal um den Kemnader Stausee rollt

AUS ENNEPETALSVEN PRANGE

Lars Kessler lacht. Eigentlich lacht Lars Kessler oft. Manchmal lachen aber auch andere über Lars Kessler. Zum Beispiel wenn sie hören, was der Ennepetaler so macht. Tretrollerfahren nämlich. Das klingt ungewohnt. Ist es aber nicht – findet Lars Kessler. Der 35-Jährige hält das für einen ganz normalen Sport. „Eine Mischung aus Fahrradfahren und Laufen“, präzisiert er.

So sieht der Sportler auch aus. Helm auf dem Kopf ist Pflicht, darunter ein windschnittiges Shirt, eine enge Radlerhose und Laufschuhe. Den Oberkörper leicht über den Lenker gebeugt, mit den Beinen abwechselnd Schwung holend. Dynamisch, explosiv, schnell. „Ein guter Tretroller-Fahrer schafft einen 30er Schnitt“, weiß der hochaufgeschossene Mann mit dem Dauerlachen. Und Lars Kessler ist ein guter Tretrollerfahrer. Einer der besten in Deutschland.

Da liegt aber auch das Problem. Der Ennepetaler und seine Sportkollegen sind in bundesdeutschen Landen allein auf weiter Flur. Das fußbetriebene Gefährt ist hier zu Lande nur die Einstiegsdroge in die Geschwindigkeitssucht, wird kurz vor der Pubertät lieber in die Ecke gestellt. Ergebnis: „So eine Hand voll deutscher Tretrollersportler gibt es“, schätzt Kessler. Und die wohnen in der Regel auch noch in Süddeutschland. So geht für den Mann aus dem EN-Kreis schon mal ein Wochenende drauf, wenn er sich mit seinen Mitstreitern zu den Deutschen Meisterschaften trifft. Immerhin konnte er am Samstag seinen Vize-Meistertitel aus dem Vorjahr verteidigen. Eigentlich keine wirkliche Überraschung: Die Konkurrenz hat sich seit Jahren kaum verändert. Deswegen hofft der Ennepetaler auch, an Rhein und Ruhr einige neue Mitstreiter zu finden. „Der Einstieg ist leicht“, verspricht Lars Kessler. Bei ihm jedenfalls war gehörig Zufall mit im Spiel.

„Meine Freundin hat nie Fahrradfahren gelernt“, erzählt der Mitdreißiger. Da das Paar sich aber trotzdem unmotorisiert auf Rädern bewegen wollte, blieb als Alternative der Roller. „Meine Freundin hat sich einen gekauft, ich habe den ausprobiert und am nächsten Tag selbst einen gekauft.“ Heute fährt Kessler Rennen, während seine Freundin ab und an mal um den Kemnader Stausee rollt. Dabei hatte Lars Kessler den Roller eigentlich 25 Jahre zuvor als Kind beiseite gelegt.

Ende der 90er Jahre – Kessler war mittlerweile Anfang 30 – also das Comeback. Wenn auch leicht verändert. Lars Kesslers zweirädriges Kickbike hat mit dem Tretroller aus dem Spielwarenladen wenig gemein. Vorne ein 28-Zoll-Rennrad, hinten ein 15-Zoll- Reifen. Zusammengehalten durch einen S-förmig geschwungenen Metallrahmen.

Damit trainiert Lars Kessler auf den bergigen Strecken zwischen Ruhrgebiet, Bergischem Land und Sauerland. „Die Leute gucken schon mal komisch“, meint der Sportler. Dabei kann er seinen Sport nur weiter empfehlen: „Das hält fit.“ Es werden ähnliche Muskeln wie beim Laufen beansprucht – nur die Geschwindigkeit gibt einen Kick mehr. So sehr, dass Lars Kessler kaum vom Tretroller herunterkommt. 20 bis 30 Kilometer täglich legt er auf seinem Geschoss zurück.

Mangels deutscher Konkurrenz finden Leistungsvergleichedie häufig in den Niederlanden statt. So ganz Ernst nimmt er sie nicht. „Erst der Spaß, dann der Sport“, beschreibt Lars Kessler seine Reihenfolge. Dabei entwickelt der 35-Jährige beinahe missionarischen Eifer. Auf seiner Internetseite www.tretrollersport.de rührt Kessler ununterbrochen die Werbetrommel. Zudem Tretroller-Fahren ein günstiges Freizeitvergnügen sein soll: „Einen Tretroller, einen Helm und Laufschuhe“, zählt Lars Kessler den Bedarf auf. Und los geht‘s. Am liebsten im Schuss, steil bergab.