Das große Orchestergraben

Dortmund kämpft mit einem Musical gegen die schlechten Verkaufszahlen und dem Riesen-Defizit im Konzerthaus an. Bochum baut dennoch einen neuen Saal und Duisburg steht in den Startlöchern

VON PETER ORTMANN

Kaum zwei Jahre nach der Eröffnung, kämpft das Dortmunder Konzerthaus ums Überleben. Jetzt sollen Frank Sinatra und Dean Martin helfen: Ab Februar 2005 soll das derzeit in Köln gastierende Erfolgsmusical „Rat Pack“ den Dortmunder Musentempel füllen helfen. Das wurde der taz vom Münchener Musical-Veranstalter Semmel am Rande der Kölner Premiere bestätigt.

Konzerthaus-Intendant Ulrich Andreas Vogt will mit der Londoner Produktion offenbar dem finanziellen Fiasko der ersten Spielzeit entgegen wirken. Die schloss mit einem Minusergebnis von 6,35 Millionen Euro ab. Knapp 75 Prozent verkaufte Karten waren zu wenig, obwohl die Stadt Dortmund der Konzertbühne jährlich 3,9 Millionen Euro überweist. Die grüne Fraktionschefin Daniela Schneckenburger rief bereits nach strukturellen und personellen Konsequenzen und schloss eine Anhebung des Stadtzuschusses aus.

Doch die Entwicklung in Dortmund schreckt andere Ruhr-Kommunen nicht ab, weitere Musikhäuser zu bauen. In Bochum wurde in der letzten Woche der Siegerentwurf für einen neuen Konzertsaal vorgestellt. 1.000 Musikfreunde sollen dann im Weißbetonklotz des Kölner Architekturbüros Van den Valentyn neben der Jahrhunderthalle Platz finden. Mit dem Gebäude, angebunden an die zentrale Spielstätte der RuhrTriennale, geht die Stadt in die musikalische Konkurrenz mit den Nachbargemeinden. „Die brauchen die Bochumer Symphoniker nicht zu fürchten“, sagt Jurymitglied Eckard Gerber bei der Vorstellung des Modells. Bauen soll ein Investor, die Stadt will nur mieten. „Wir suchen noch“, bestätigt Kulturdezernent Hans-Georg Küppers. Der Bochumer Klavierbauer Ferdinand Thürmer hat bereits sein Interesse an einem Neubau bekundet.

Die Stadt Essen ist schon in diesem Monat mit dem zur Philharmonie umgebauten Saalbau ins Rennen gegangen und hofft auf die Gunst der Musikfreunde. Die Stadt verfügt nun über den größten Konzertsaal der Region, 1.900 Plätze wollen gefüllt werden. Für die erste Spielzeit plant Intendant Michael Kaufmann mit 150 Veranstaltungen und will in die erste Konzertliga in Deutschland.

Auch Duisburg schrecken die Dortmunder Zahlen nicht. Ungeduldig warten die traditionsreichen Philharmoniker dort auf ihren Neubau in der City. 1.700 Plätze soll der einmal fassen, integriert in eine multifunktionale Immobilie mit Fitness-Center und Gastronomie am König-Heinrich-Platz. Die Stadt kämpft noch mit der Finanzierung, will nicht mehr als 5,5 Millionen Euro beisteuern.

Wenn der Musikhaus-Bauboom einmal beendet ist, werden allein diese vier Häuser täglich 6.100 freie Stühle anbieten, die gewinnbringend verkauft werden müssen. Keine besonders guten Aussichten für die kommunalen Haushalte, die eventuelle Verluste in den Konzerthäusern ausgleichen müssen. Nicht überall wird es möglich sein, mit dem Dortmunder „Rat-Pack“-Konzept Kasse zu machen.