Klipper entdeckt Kölner Bürger

CDU-Ratsfraktionschef überrascht auf einem Symposion der Grünen mit einem Bekenntnis zu mehr Bürgerbeteiligung bei der Stadtgestaltung. Die bisherige Praxis sieht allerdings oft anders aus

von Sebastian Sedlmayr

Ganz neue Töne zur Zukunft der Stadtgestaltung schlägt Kölns CDU-Fraktionschef Karl Jürgen Klipper an: „Wir müssen die Bürger schon im Vorfeld in die Planungen einbeziehen“, sagte er. Und: „Wir müssen davon wegkommen, den Bürgern von oben nach unten zu erzählen, wie es sein soll.“ Anlass für das geradezu revolutionäre Bekenntnis des Christdemokraten zu mehr Bürgerbeteiligung war ein Symposion der Kölner Grünen zum Thema „Köln am Rhein!?“ am Freitag im Deutzer Horion-Haus des Landschaftsverbands Rheinland.

„Über den Tellerrand“ sollten die Kölner gucken, hieß es in der Einladung. Referenten aus Basel, Mainz und Düsseldorf sollten den Blick frei machen. Diese drei Städte hatten sich vor wenigen Jahren sehr intensiv mit ihrer Flusslage auseinander gesetzt und ihre Ufer neu gestaltet. Speziell in der Schweizer Rheinstadt waren die Einwohner ausführlich zu Wort gekommen: In 38 offenen Workshops hatten sie umsetzbare Konzepte zur Gestaltung des öffentlichen Raumes entwickelt. Einen „enormen Effekt“ für die allseitige Akzeptanz der Planungen konstatierte Dorin Kaiser von der Firma ecos, die den Prozess beratend und strukturierend begleitet hatte.

In den Ohren vieler Kölner, die bereits mit vollendeten Tatsachen konfrontiert sind, musste Klippers Partizipationspathos allerdings wie Hohn klingen. Schließlich wurde in Mülheim und am Rheinauhafen zwar Beteiligung nach Vorschrift gemacht – aber verzichtet auf tatsächlich weiter gehende und damit kostspieligere Verfahren, wie sie zum Beispiel mit den monatelangen Konsensdebatten in Basel angewendet wurden. Statt dessen entschieden Stadt und Investor insbesondere im Fall der Bebauung des Mülheimer Hafengeländes über die Köpfe der Anwohner hinweg.

Und auch im Fall der Uferplanung gab es in Köln zwar einen Workshop von Architekten und Stadtplanern (taz berichtete). Die ansässige Bevölkerung ist aber noch nicht befragt worden. Ein breites Partizipationsverfahren nach dem Vorbild anderer Städte ist bislang nicht vorgesehen.

Doch, so die schwarz-grüne Koalitionsspitze wenige Monate vor der Kommunalwahl, die arrogante und wenig nachhaltige Praxis der Gestaltung des öffentlichen Raums in Köln soll sich nun ändern. „Auch 100.000 Euro für ein Mediationsverfahren auszugeben, halte ich für sehr sinnvoll“, sagte CDU-Mann Klipper. Und seine grüne Amtskollegin Barbara Moritz nickte.

Wie viel Wasser noch den Rhein hinab fließt, bis die Gestaltung des Kölner Flussufers erneuert wird, darüber gaben die Referate auch Aufschluss. Mainz hat für die Umsetzung sechs Jahre gebraucht, in Basel dauern die Arbeiten nach sechs Jahren noch an. In Düsseldorf vergingen vom Wettbewerb bis zur Ausführung vier Jahre.