MATTHIAS URBACH über DER PERFEKTE KAUF
: Ich geb Strom, ich will Spaß!

Und täglich grüßt der Bordcomputer: Auf lautloser Testfahrt im hybriden Familienauto mit ökologischer Lieferzeit

Irgendwie cool: Statt mit dem Zündschlüssel zu hantieren, drücke ich einen Knopf, um den Wagen zu starten. Fahlgrün leuchtet der digitale Tacho auf. Sonst passiert nichts. Kein Geräusch. Rechts begrüßt mich jetzt freundlich der Bordcomputer.

Das Auto ist also an. Oder?

Ich sitze im Toyota Prius, Umweltauto des Jahres, und schaue mich um: Statt Schaltknüppel oder Automatikhebel findet man bloß einen kleinen Joystick: den „E-Shift-Wählhebel“. Auf dem Armaturenbrett thront die „Powertaste“: Der fette Knopf erinnert an einen PC.

Den Joystick auf Drive und den Fuß vom Bremspedal: Wie von Geisterhand setzt sich der Prius in Bewegung. Kein Mucks, nur das klebrige Schmatzen der Reifen auf dem warmen Asphalt.

Dabei drängeln sich zwei Maschinen unter der Haube: Links ein Benziner, rechts der Elektromotor. Bei niedrigem Tempo ist der E-Motor sparsamer, bei höherem der Benziner – die Elektronik wählt stets die effektivste Variante. Beim Bremsen nutzt der E-Motor wie ein Dynamo den Schwung zum Auftanken der Akkus – ansonsten lädt der Benzinmotor die Zellen auf. Mit dieser Hybridtechnik kommt der Familienwagen auf einen Verbrauch von nur 4,3 Litern.

Ein Auto ist eine Stilfrage: Nachbar Rudolf zum Beispiel fährt einen amerikanischen Pick-up mit gewaltigen Auspuffen und dem Schalldruck einer Harley-Davidson-Parade. Wenn Rudolf kommt, weiß jeder gleich Bescheid.

Ich wähle beim Autoverleih sonst den Citroën Picasso: kompakt, geräumig und schön. Und mein Herz schmerzt, wenn ich ihn wieder hergeben muss. Doch in der neuen Auto-Umweltliste vom VCD kriegt er einen roten Balken: „aus Umweltsicht abzulehnen“. Testsieger ist der Prius: Zeit für einen Seitensprung.

Eine Probefahrt zu vereinbaren ist leichter, als ich dachte. Ein Anruf, und schon ist der Prius tags drauf drei Stunden reserviert. Nicht mal Sprit muss ich zahlen. „Der ist voll getankt“, säuselt der Verkäufer. „Machen Sie sich mal keine Gedanken.“

Ich gebe Strom, langsam wird der E-Motor hörbar. Surrt wie eine U-Bahn. Nur leiser. Runter vom Autohof, trete ich kräftig aufs Pedal: Mit einem Schnurren schaltet sich der Benziner ein, ohne Ruckeln – und mit rasantem Anzug. Der Bordcomputer illustriert, was unter der Haube vorgeht: Grüne, braune und gelbe Pfeile tanzen zwischen Akku, Motoren und Rädern hin und her. Das sieht so niedlich aus, dass ich beinahe einem Golf hintendrauf fahre.

Ein großes Plus für die Fahrsicherheit: Manchmal stürzt der Bordcomputer ab – und man findet Zeit, auf den Verkehr zu achten. Zum Glück macht das der Motorsteuerung nichts: Das Auto fährt weiter, als wäre nichts passiert. Aber die Klimaanlage ist ohne Touchscreen recht umständlich zu bedienen.

Beim Einparken im Elektrobetrieb schreckt mich ein zähes Geräusch auf. Ich springe aus dem Auto: Doch nicht das Blech wurde zerrissen, allein die Stille des Parkmanövers. Neben dem E-Motor klingt die Bremse wie ein Totalschaden. Da kommt mein Nachbar. Schnell springe ich ins Auto und parke demonstrativ leise ein. Er bemerkt mich nicht.

Meine Familie staunt. „Flottes Design“, findet meine Frau. Der Wagen ist innen sehr geräumig, viel Beinfreiheit. Leider beschneiden die Nickelmetallhybrid-Akkus hinten etwas den Kofferraum: Der sperrige Kinderwagen passt noch hinein, lässt jedoch nicht mehr viel Platz.

Mein Sohn will mitfahren. Er liebt die Sprachsteuerung der Klimaanlage. Vermutlich, weil sie ähnlich renitent ist: „23 Grad“, sage ich. „27 Grad“, antwortet die Klimaanlage und schmeißt krachend das Gebläse an. Am Ende der Fahrt spreche ich schon viel deutlicher. Bei Hollywoods Schauspielern soll der Wagen sehr beliebt sein.

Zurück bei Toyota: Obwohl ich den 113-PS-Doppelmotor fröhlich getreten und an der Klimaanlage gespielt habe, zeigt der Bordcomputer bloß 5,1 Liter auf 100 Kilometer. Beeindruckend. Aber teuer. „Der Wagen kostet 24.000 Euro“, erklärt mir der Verkäufer. Ich versuche, so auszusehen wie jemand, der so viel Geld bar in der Tasche hat. Aber der Verkäufer ist entspannt. Der Wagen sei vorerst nicht zu kaufen: „In den USA ist er sechsfach überzeichnet.“ Fast alle Neuwagen gingen dorthin. Lieferzeit in Deutschland: „Ein Jahr.“ Wenn das nicht umweltfreundlich ist.

Fazit: Endlich mal ein ökologisches Auto zum Angeben – vorausgesetzt, man wird gehört.

Fotohinweis: MATTHIAS URBACH DER PERFEKTE KAUF Fragen zur Elektronik? kolumne@taz.de Dienstag: Bernhard Pötter über KINDER