Mit dem eigenen Schlüssel

Nach der Flucht eines Gewalttäters aus dem Klinikum Ochsenzoll ist gestern bekannt geworden, dass ein weiterer Insasse seinen Ausbruch vorbereitet hat

Nachdem am Sonntag ein 33-jähriger verurteilter Gewalttäter aus der forensischen Abteilung des Klinikums Ochsenzoll geflohen war, ist gestern bekannt geworden, dass ein weiterer Gefangener seinen Ausbruch vorbereitet hat: Bei einer Leibesvisitation haben Bedienstete des Haus 18 im Arbeitsoverall von Hans-Joachim B. einen selbst gebauten Nachschlüssel entdeckt. Dieser habe aber zu keiner der äußeren Türen gepasst und hätte dem verurteilten Vergewaltiger nicht zur Flucht verhelfen können, sagte die Sprecherin des zuständigen Landesbetriebes Krankenhäuser (LBK), Kathrin Herbst. Bei einer Durchsuchung der Klinik Anfang der Woche wurde bei Patienten Cannabis und Kleingegenstände wie Spiralbohrer entdeckt. Hinweise auf weitere Fluchtversuche lägen aber nicht vor.

B. war 2001 als „Balkonmonster“ bekannt geworden. Neun Mal war er in Hamburg und Hannover nachts über Balkone in die Wohnungen von Frauen eingestiegen, hatte sie ans Bett gefesselt und vergewaltigt, oft stundenlang. Das Landgericht Hannover verurteilte ihn im Juni 2001 zu 13 Jahren Haft und zur Einweisung in eine psychiatrische Anstalt. Seither sitzt er im Haus 18 in Ochsenzoll.

Wie Hans-Joachim B. das Duplikat anfertigen konnte, wird untersucht. Angeblich hatte der Serienvergewaltiger dazu Gelegenheit in der anstaltseigenen Tischler-Werkstatt, in der der heute 40-Jährige einen Lehrgang absolvierte. Dort habe er das Duplikat aus einem Gummi-Plastikgemisch gefertigt.

Für die Fahndung nach dem 33-jährigen Markus H., dem die Flucht am Wochenende während eines bewachten Hofganges gelungen war, hat die Hamburger Polizei eine „besondere Aufbauorganisation“ gebildet. Bisher gibt es keinen konkreten Anhaltspunkt über den Aufenthaltsort des Straftäters. Er war im Juni vergangenen Jahres im niedersächsischen Wolfsburg festgenommen worden. Zuvor hatte er gedroht, in St. Pauli verschiedene Bars und Restaurants in die Luft zu sprengen. Sein Motiv: Eine Prositutierte hatte seine Zuneigung nicht erwidert. Im Auto des Mannes hatte die Polizei damals Materialien zur Herstellung von Rohrbomben entdeckt.

Seit seiner Flucht schützt die Polizei nach eigenen Angaben Personen, an denen Markus H. sich möglicherweise rächen will.

ELKE SPANNER