sinti und roma
: Die Außenseiter ohne Lobby

Dass Politik ein hartes Geschäft ist – nichts mehr als ein Gemeinplatz. Aber von Zeit zu Zeit fällt einem dann auch wieder auf, dass sich in die Härte auch Brutalität mischen kann, und zwar dann, wenn es ans Verteilen geht. Da gilt die knappe Regel: Wer keine Lobby hat, kriegt auch nix. Und jetzt sind es mal wieder die Sinti und Roma, die hinten runterfallen. Wie so oft. Ihr Stellplatz wird nicht ausgebaut. Ein weiteres Opfer der Senat’schen Streichorgie.

Kommentar von PHILIPP GESSLER

Die Sinti und Roma haben eben keine Lobby. Hunderttausende von ihnen wurden in Auschwitz ermordet. Sie sind auch in der ach so multikulturellen Nachkriegsgesellschaft und im angeblich so toleranten Berlin Außenseiter geblieben. Mit Stellplätzen für „Zigeuner“ gewinnt man keine Wahlen, so einfach ist das.

Nun wäre einzuwenden, dass Sinti und Roma vielleicht manches dringender bräuchten als Toiletten- und Gemeinschaftshäuschen. Unakzeptabel aber ist der Wegfall auch des geplanten Schulgebäudes. Denn wer an der Bildung der Heranwachsenden spart und hier keine politische Verantwortung sieht, perpetuiert die Verdrängung der Sinti und Roma zu Außenseitern der Gesellschaft in die Zukunft.

Dass die Realisierung des schon seit Jahren versprochenen Stellplatzes endlich angepackt wird, wäre deshalb schlicht die Pflicht des Senats gewesen, trotz aller Sparzwänge. Wie müssen sich Sinti und Roma fühlen, wenn trotz gebetsmühlenhafter Versprechungen nun auch die Zukunft ihrer Kinder zur Disposition steht?

Es wäre deshalb höchste Zeit, aus der Zivilgesellschaft heraus eine Lobby für die Sinti und Roma zu schaffen. Was macht übrigens das Mahnmal für den Mord an den Sinti und Roma im Tiergarten?