auf röhren schwören hat seinen preis von SUSANNE FISCHER
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Wenn ich ein Automodell benamsen müsste, würde ich es „attraktion“ nennen. „Der BMW attraktion XXL macht Ihre kühnsten Träume wahr.“ Ja, Träume von Leuten, deren kühnste Träume vom Autofahren handeln. Tun meine aber nicht. Meine handeln davon, in fünf Sekunden auf dem Sofa einen Automodellnamen zu kreieren und dafür fünf Millionen Euro abzukassieren. Gerade fällt mir auf: in „BMW attraktion XXL“ kommt kein „c“ vor. Uncool, vielleicht besser: „BMW attraction XXL“? „CMW“ geht ja wohl nicht.

Mit den fünf Millionen könnte ich mir einen vernünftigen Bassverstärker leisten und müsste mich nicht länger für mein Transistormodell auslachen lassen, weil alle anderen auf Röhren schwören. Ich hätte mir schon einen Röhrenverstärker gekauft, wenn ich neulich in Klagenfurt den Ingeborg-Bassmann-Preis gewonnen hätte. Stattdessen ging er an eine Autorin, die aussieht, als ob sie Harfe spielen würde. Tut sie aber nicht. Auch sonst ist sie leider so klug und nett, dass man ihr den Preis einfach gönnen muss oder jedenfalls gönnen könnte, wenn man selbst einen Röhrenverstärker hätte.

Das Traktieren eines E-Basses ist nicht so einfach. Von „Alle meine Entchen“ auf der akustischen Gitarre bis zu „Smoke on the water“ auf der Wummerkiste ist es ein weiter Weg. (Das war jetzt nur ein Beispiel, solche Musik würde ich selbstverständlich niemals spielen.)

„Der Sound ist nicht hart genug, kannst du das mal anders einstellen?“, fragt der Gitarrist, und ich starre ihn verwirrt an. Tatsache, an meinem Bass sind drei so Knöpfe. Ich dachte, die wären für Strom und Warmwasser, und muss mich jetzt schämen. Dabei kann ich sogar Noten lesen, aber diese Fertigkeit ist leider in einer Rockband gar nicht gefragt. Alles muss mehr aus dem Bauch heraus gehen, aber mein Bauch groovt nicht so richtig. Da sind auch keine Knöpfe dran, mit denen ich ihn auf härter einstellen könnte.

Deswegen gehe ich abends zum Schützenfest, um von den Profis zu lernen. Es spielt eine gute Band, was man unter anderem daran erkennen kann, dass in fünf Stunden nur zwei Lieder von Wolfgang Petri vorkommen (sagen die anderen, ich kennen keine Petri-Stücke außer „Höllehöllehölle“, und dasss gerade das nicht gespielt wird, spricht für die Charakterstärke der Musiker). Allerdings heißt die Band „Sixpack“, obwohl nur fünf Leute mitspielen. Musikerhumor. Ich wollte schon vor zehn Jahren eine Frauenband gründen, die „Keine Ahnung“ heißen sollte. Zur Zeit favorisiere ich den Bandnamen „Sofa’s Attraktion“.

Mein neuer Verstärker (hatte ich schon erwähnt, dass es sich nicht um ein Röhrenmodell handelt?) hat … – Moment, ich muss mal eben zählen gehen – … elf Knöpfe und keine Gebrauchsanweisung. „Setz dich einfach ’ne Stunde hin und probier alles aus“, sagt der Verkäufer. Das kann nur einem Mann einfallen, Knöpfe zu betätigen, ohne zu wissen, was dann passiert. Ich gniedel ein bisschen auf meinem Bass herum, und schon ist der dritte Weltkrieg im Gange. Den ich, rein lautstärkenmäßig, selbstverständlich gewinnen würde, falls ich den richtigen Regler fände.