Rechnungshof warnt vor der Schuldenfalle

Nordrhein-Westfalens Schulden steigen auf 100 Milliarden Euro. Dennoch werden massiv Steuern verschwendet

DÜSSELDORF taz ■ Der Landesrechnungshof sorgt sich um die massive Verschuldung Nordrhein-Westfalens: Zwar habe die rot-grüne Landesregierung die Ausgaben des Landes im Jahr 2002 um 218 Millionen Euro, im vergangenen Jahr sogar um 455 Millionen Euro gesenkt. „Angesichts des Gesamtschuldenstands“ seien diese Einsparungen aber „bei weitem nicht ausreichend“, kritisierte Rechnungshof-Präsidentin Ute Scholle bei der Vorstellung ihres Jahresberichts gestern in Düsseldorf. Bereits Ende dieses Jahres dürften die Schulden allein des Landes die Grenze von 100 Milliarden Euro überschreiten – Ende 2002 lag die Kreditbelastung noch bei 93,1 Milliarden.

Grund hierfür seien die hohen Personalausgaben von 19,6 Milliarden Euro, die 58 Prozent der Steuereinnahmen auffressen. Hinzu kämen die stetig wachsenden Versorgungsleistungen für ehemalige Beamte, so Scholle: Musste das NRW-Finanzministerium 1994 noch 2,9 Milliarden an die Pensionäre überweisen, flossen 2003 bereits 4.600 Millionen Euro. Nötig seien deshalb „erhebliche Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung“, mahnt die Rechnungshofpräsidentin. Die Zinslasten bedrohten den Landeshaushalt: „Ich habe selbst drei Enkel. Wir können nicht alles verfrühstücken.“ Gekürzt werden solle deshalb bei den so genannten Transferleistungen, also den Zahlungen des Landes an Privatpersonen, Unternehmen oder öffentliche Aufgabenträger.

Kürzungspotenzial sieht der Rechnungshof aber auch im Tagesgeschäft: Auf knapp 400 Seiten prangern die Haushaltsprüfer die Verschwendung von Steuern an. So entwickeln Finanz- und Innenministerium zur Zeit gleich zwei computergestützte Personalverwaltungssysteme – natürlich millionenschwer und unabhängig von einander. „Schwerwiegende Mängel“ auch bei der Tourismusförderung: Von 170 geprüften Auftragsvergaben der „Tourismusinitiative NRW“ seien über 100 beanstandet worden, so Scholle.

Undurchsichtig auch Erstattungen für den kostenlosen Transport Schwerbehinderter. Die Verkehrsbetriebe rechnen besonders gern auf der Basis so genannter Verkehrszählungen ab. Das Ergebnis: Während im gesamten Land 6,18 Prozent als schwerbehindert gelten, rechnen die Unternehmen Erstattungen für bis zu 34 Prozent der Fahrgäste ab. Auch in der Kritik der Prüfer: Überflüssige Universitätshausmeister – und ein Hochschullehrer, der als Ärztlicher Direktor einer Universitätsklinik gleich zwei volle Gehälter kassierte – auf Kosten der Staatskasse, versteht sich.

ANDREAS WYPUTTA