Reinickendorf mag Bürger nicht

Der CDU-Bezirk kommt in einer PDS-Studie zu Bürgerämtern am schlechtesten weg. 3 Ostbezirke liegen vorn, 2 davon PDS-geführt. CDU: Kein Verdienst der Partei, sondern von mehr Personal

VON STEFAN ALBERTI

Ein bisschen hat Peter-Rudolf Zotl noch DDR-Rhetorik drauf. Man gehe einer ziemlich klaren Übererfüllung des Plans entgegen, sagt der PDS-Abgeordnete und Verwaltungsexperte. 60 Bürgerämter – angeblich Allheilmittel für fehlende Bürgernähe – hatte Rot-Rot bis 2006 versprochen, schon jetzt seien es 55.

Zotl hat aber nicht nur auf den Plan, sondern auch auf den Inhalt geschaut. Und der sieht weniger erfüllt aus: Fortschritte bezüglich der Bürgernähe stellt eine PDS-Studie in nur 7 der 12 Berliner Bezirke fest. Vorn liegen dabei drei Ostbezirke, abgeschlagen am Ende landet Reinickendorf.

Zotl und drei Mitarbeiterinnen hatten nach eigenen Angaben seit April sämtliche Bürgerämter besucht, teilweise mehrfach, und aus Bürgersicht Punkte für Organisation, Öffnungszeiten und Ausstattung vergeben. Kein Kriterium war die Freundlichkeit der Beschäftigten.

Im Bezirksvergleich liegt Lichtenberg auf Platz eins, knapp vor Treptow-Köpenick und Pankow. Es folgt ein vierköpfiges Mittelfeld mit Spandau, Marzahn-Hellersdorf, Tempelhof-Schöneberg und Mitte. Über die anderen fünf Bezirke urteilt die Studie: „Hier ist das Engagement der politisch Verantwortlichen gefordert.“ In einigen Westbezirken scheine eine gewisse Genügsamkeit vorzuliegen, obwohl bereits frühere Untersuchungen mangelnde Kundenorientierung kritisierten.

Das soll offenbar auch bedeuten, ohne dass Zotl es explizit sagt: Wer vorne liegt, hat das ebenfalls seinen politisch Verantwortlichen zu verdanken – die Ostbezirke auf den Plätzen eins, drei und fünf sind PDS-geführt. Schlusslicht Reinickendorf hingegen ist eine CDU-Hochburg. Friedrichshain-Kreuzberg als Vorletzter trübt die PDS-Bilanz, doch dazu sagt Zotl schnell, das liege an zu wenig Personal.

Für CDU-Sprecher Matthias Wambach, im Parlament Zotls Fachkollege, ist das ein „Blick durch die PDS-Brille“. Dass die Ostbezirke so gut abschneiden, führt er darauf zurück, dass die über mehr Personal erheblichen Vorsprung gehabt hätten.

„Der PDS ist es doch eine Freude, wenn sie der CDU eins reinwürgen kann“, reagierte im Reinickendorfer Bezirksamt CDU-Baustadtrat Michael Wegner auf den letzten Platz. Er habe auch so seine Zweifel an den Kriterien der PDS-Studie, die etwa feststellte, dass Unterlagen in Reinickendorfer Bürgerämtern nicht mehrsprachig waren. Eigene halbjährliche Überprüfungen hätten das nicht als Mangel ergeben, kontert Wegner. Was für Neukölln-Nord wichtig sei, müsse nicht auch für Reinickendorf relevant sein. Das Abgeordnetenhaus hatte 2002 für die Bürgerämter Kriterien beschlossen, u. a. Mehrsprachigkeit. „Das Abgeordnetenhaus beschließt viel“, sagt Wegner, „vergisst aber auch oft, das zu finanzieren.“