„Ein schöner Abend“

Der VfB Stuttgart verliert im Liga-Pokal mit 0:1 gegen zehn Dortmunder, doch Trainer Magath ist nicht unzufrieden

AALEN taz ■ Krassimir Balakow juckte es mächtig in den Füßen. Das wollte der Mann, dessen Gesicht ein Geschenk für jeden Zeichner mit satirischem Anspruch ist, auch nicht verhehlen: „Es kribbelt schon, wenn der grüne Rasen so saftig blinkt wie heute Abend.“ Und dennoch versicherte der Co-Trainer des VfB Stuttgart, dass sein Abschied vom aktiven Fußball „endgültig“ sei. Durch ein Tor von Jan Koller hatten da die Dortmunder Borussen gerade in Aalen Revanche dafür genommen, dass ihnen die Stuttgarter am letzten Spieltag der abgelaufenen Runde das direkte Ticket zur Champions League abluchsten. Im Halbfinale des Liga-Pokals war es dem VfB nicht gelungen, gegen zehn Westfalen zu gewinnen, nachdem sich Nationaltorwart Jens Lehmann schon nach einer Viertelstunde zu seiner fünften roten Karte im gelb-schwarzen Trikot notgebremst hatte.

„Es war ein schöner Abend, bis auf das Ergebnis“, meinte VfB-Trainer Felix Magath. Knapp zehn Tage vor Saisonbeginn spielten die Stuttgarter wahrlich nicht schlecht. Aber augenfällig war, dass der VfB sich schwer tut gegen Mannschaften wie Dortmund, die sich tief in die eigene Hälfte zurückziehen. Es fehlt eben ein Balakow. Außer dem Schatzmeister der Schwaben, der dem Star aus Bulgarien nun nicht mehr jährlich drei Millionen Euro überweisen muss, gibt es im Ländle niemanden, der froh ist, dass „Bala“ jetzt nicht mehr die Stuttgarter 10 trägt.

Saisonziel im Jahr eins nach Balakow ist der erneute Einzug ins internationale Geschäft. VfB-Präsident Erwin Staudt (55), Vorsitzender des IBM-Aufsichtsrats, hat eine klare Zukunftsvision: „Wir wollen den VfB nach einer Entschuldung langfristig unter den ersten fünf der Liga etablieren.“ Mit Unterstützung der ersten Riege der baden-württembergischen Industriemanager, die seit knapp einem Jahr unter Vorsitz von Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt den VfB-Aufsichtsrat schmücken, soll dies gelingen. Indes: auch dieses Gremium ist nicht allmächtig. Die Stadt schmetterte den Bau einer reinen Fußballarena ab.

Auf Staudts skizziertem Weg warten außerdem viele Fallen, die ausgerechnet ihr eigener Erfolg den Schwaben vor die Füße legt. Verkraftet die Mannschaft die Doppelbelastung? Nimmt sie den Alltag der Bundesliga nach den Festtagen in der Champions League an? Können die Senkrechtstarter ihre überragenden Leistungen bestätigen? Bisher ging es zweieinhalb Jahre mit Magath nur bergauf. Wie steckt das Team Rückschläge weg? Können die Neuzugänge die Mannschaft voran bringen?

Fragen, auf die Felix Magath Antworten finden muss. Einen grandiosen Absturz, wie Bayer Leverkusen ihn erlebte, glaubt Magath vermeiden zu können: „Wenn wir gegen Dortmund mehr als mithalten können, brauchen wir keine Angst zu haben.“ Saddam und Quälix wurde er genannt. Doch seit den Erfolgen in Stuttgart kommt ein Schalk in Magaths Wesen zum Vorschein. „Wenn nicht den Liga-Pokal, dann holen wir eben die Meisterschaft“, witzelte der 49-Jährige. Seit der Demission von Manager Rolf Rüßmann ist Magath Trainer und Manager in einer Person, verfügt über so viel Macht wie kein Trainer vor ihm beim VfB. Auch hierin liegt eine Gefahr für den Mann aus Aschaffenburg im bekannt eitlen Umfeld des roten Hauses.

Noch immer lasten über 16 Millionen Euro Schulden aus der Ära Mayer-Vorfelder auf dem schwäbischen Traditionsverein. Auch deshalb ist nicht sicher, ob Magaths Wunschspieler auf der Balakow-Position wirklich zu den Roten findet. Zwei Millionen Euro für den Argentinier Centurion von Velez Sarsfield sind zu viel. In Aalen bewies jedoch Aliaksandr Hleb, dass er zu den besten Mittelfeldspielern der Liga gehört. Martialisch sein Wille, atemberaubend sein Stehvermögen im Dribbling und Turbulenzen schaffend seine Ideen.

Nach dem Aus im Ligapokal geht es jetzt ins Trainingslager nach Tirol. Dort wird ganz sicher auch Krassimir Balakow wieder ein Jucken in den Beinen verspüren. TOBIAS SCHÄCHTER