Der chemische Kater

Ranga Yogeshwar exportiert feucht-trockene Wissenschaft ins deutsch-französische Fernsehen: „Mega“ (dienstags, 14.45 Uhr und 18.15 Uhr, Arte)

VON SEBASTIAN SEDLMAYR

Geduldig und selbst für durchschnittlich begabte Siebtklässler verständlich erklärt Ranga Yogeshwar uns die Welt – oder wenigstens komplizierte naturwissenschaftliche Zusammenhänge. Das kennt man aus „Quarks & Co“, dem Wissenschaftsmagazin im WDR. Das hier ist aber „Mega“ auf Arte, und neu an „Mega“ ist, dass Yogeshwar kein Studio hat, er ist permanent unterwegs: Mal besucht er ein Klonlabor in Korea, mal Malariaforscher in Kenia. Das Oberthema der zunächst sechsteiligen Reihe ist die Gesundheit des Menschen.

In der ersten Folge betrinkt Yogeshwar sich systematisch vor laufender Kamera im Schnapskeller – „wissenschaftlich kontrolliert“, wie er betont. Dank des enormen Wissensdurstes des studierten Physikers erfahren wir, ab wann die Euphorie der Bedudelten in die Agonie der Besoffenen umschlägt, und welche biochemischen Prozesse dahinter stecken. Im nächsten Südfrankreich-Urlaub können wir nun dank der deutsch-französischen Simultaneität bei eingeblendeten Bildunterschriften sogar mit neuen Fachbegriffen glänzen: „Kater“ heißt auf Französisch „gueule de bois“, was rückübersetzt in etwa „Suffschnauze“ bedeutet.

Bei 0,94 Promille gibt Yogeshwar erschöpft auf. Während er seinen Rausch ausschläft, erläutert eine freundliche Damenstimme, wie der Alkohol wieder abgebaut wird und welche Folgen das hat. „Es ging mir nach dem Experiment fürchterlich schlecht“, erzählt Yogeshwar. Die Tortur habe er mitgemacht, „um klar zu machen, was Alkohol schon in mittleren Dosen bewirkt“. Wie in allen anderen Teilchen des yogeshwarschen Fernsehkosmos zeigt sich auch hier sein „sehr hohes Sendungsbewusstsein“, wie er sagt.

Eine fest definierte Zielgruppe hat „Mega“ nicht. Vom Biologielehrer über „Sendung mit der Maus“-Nostalgiker bis zu 10- bis 14-jährigen zukünftigen Naturwissenschaftlern soll die Reihe alle ansprechen – die Sendung läuft ja auf Arte, da ist der Marktanteil nicht ganz so wichtig.

Mit privaten Formaten wie etwa „Galileo“ (Pro7) oder „Abenteuer Leben“ (Kabel 1) ist „Mega“ also kaum vergleichbar. Allenfalls Programmplaner, die unter ihre Schublade „Wissen&Lifestyle“ alles subsumieren, was im Entferntesten an Wissenschaft erinnert, sehen hier Parallelen. Da darf gezeigt werden, was kreischend bunt ist, gefährlich aussieht oder scheppert – zum Beispiel „Killerstürme“ oder „Supergärtner“. Potpourris aus gerade aktuell scheinenden Themen sind oft auch die Crux der öffentlich-rechtlichen Wissenschaftsmagazine. So stellt „Abenteuer Wissen“ im ZDF mit Wolf von Lojewski in den beiden aktuellen Sendungen erst „Terrorfahnder“, dann „Tiefseetaucher“ vor. „Mega“ entzieht sich dem. In Sachen Seriosität kann da eigentlich nur noch „nano“ auf 3sat mithalten – oder eben „Quarks“.

Mit dem Sendeplatz – erste Ausstrahlung am frühen Nachmittag, direkte Wiederholung am selben Tag um kurz nach 18 Uhr – ist Yogeshwar allerdings gar nicht zufrieden: „Der ist eher schwach“, ärgert er sich. Doch Yogeshwar ist mittlerweile Leiter der Programmgruppe Wissenschaft beim WDR. Womöglich wird er noch einen besseren Sendeplatz austüfteln.