Kommentar: Polarisierung in NRW
: Vor dem Lagerwahlkampf

Kaum ein Wähler mag mehr die SPD – aber die grüne Basis steht zur Genossen-Partei. In Zeiten politischer Düsternis ist den Sozialdemokraten viel abhanden gekommen: Wählerbindungen haben sich gelöst. Rote Milieus diffundieren in Teilen des alten Stammlandes zu Wahlboykott-Zonen. Selbst SPD-Ministerpräsidenten sind entweder nach Berlin gewechselt oder träumen bei „Maischberger“ von einer Karriere als Publizist. Die neuen Umfragezahlen müssten die Genossen deshalb aufmuntern: Ausgerechnet die Grünen wünschen sich die SPD, eine Fortsetzung der seit 1995 regierenden rot-grünen Koalition in Düsseldorf.

Rund elf Monate vor der nächsten NRW-Landtagswahl scheinen sich die grünen Wählerinnen und Wähler festgelegt zu haben: Am 22. Mai 2005 wollen sie die immer wieder tot gesagte, notorisch zerstrittene und wieder vereinigte Politallianz am Rhein bestätigt sehen. Die klaren Ziffern der Meinungsforscher belegen die Polarisierung im Land. Auf der einen Seite steht das fragile, aber bald zehnjährige Zweckbündnis von Kohlegegnern und Steinkohle-Fans, von roten Etatisten und grünen Staats-Skeptikern. Auf der anderen Seite sehen die grünen Wähler eine abschreckende Alternative: Rüttgers und die Ex-Möllemann-Partei. Bei allen wichtigen Themen – von der Innen- und Rechtsstaatspolitik, bis zu ökologischen und bildungspolitischen Problemen – scheint Schwarz-Grün für die Öko-Basis keine Option zu sein. Wir oder sie, so die rot-grüne Denke. Alles deutet auf einen Lagerwahlkampf in NRW hin. MARTIN TEIGELER