Steigende Sozialausgaben: Der Senat zieht jetzt die Zügel straffer

Weil die Sozialausgaben mehr wachsen als sie dürfen, mischt sich jetzt die Senatskanzlei ein. Sozialstaatsrat Knigge als Arbeitsgruppenchef wird abgesetzt

Bremen taz ■ Der Senat will mehr Kontrolle über die Entwicklung der Sozialleistungen. Deshalb hat er gestern beschlossen, sich monatlich über die Ausgaben samt Abweichung von den Planwerten berichten zu lassen. Außerdem wird Sozialstaatsrat Arnold Knigge als Leiter der „Projektgruppe Sozialleistungen“ abgelöst. Ein „externer Berater“ soll künftig die Arbeitsgruppe leiten, die nach Sparmöglichkeiten im Bereich der Sozialausgaben fahndet. Neben Mitarbeitern aus dem Finanzressort und vom Rechnungshof sind nun auch der Chef der Senatskanzlei Reinhard Hoffmann und Finanzstaatsrat Henning Lühr mit von der Partie.

Die Aussichten sind schlecht. Hatte das SPD-geführte Sozialressort Ende vergangenen Jahres die großkoalitionären Träume von einem verfassungskonformen Haushalt mit einem Mehrbedarf von 60 Millionen Euro gestört, von dem ihm schlussendlich 43 eingeräumt wurden, machen die Zahlen der ersten Monate dieses Jahres einen bedenklichen Eindruck. Im Vergleich zu den Ausgaben der Vorjahresmonate wurden im März, April und Mai dieses Jahres zwischen 13,5 und 15,6 Millionen monatlich mehr an Sozialleistungen ausgegeben. Die Gründe lägen laut Ressort in Umstellungen von Abschlagszahlungen an Einrichtungsträger, die jetzt mehr, zum Jahresende weniger bekämen, oder an offenen Rechnungen aus den Vorjahren, die erst jetzt eingegangen seien – Effekte, die sich vielleicht in der zweiten Jahreshälfte wieder ausgleichen.

Eine Prognose über die Sozialleistungen lasse sich erst Anfang Juli machen, betont Knigge, der über die aktuellen Zahlen nicht beunruhigt scheint. Auch sein Nicht-Mehr-Leiten der Spar-Arbeitsgruppe findet er „nicht dramatisch“, nun bringe sich „das Ressort Finanzen und die Senatskanzlei stärker in die Verantwortung ein“ – was Knigge begrüßt. Dass er Vorschläge der anderen Mitglieder der Gruppe übergangen habe, ist indes über Knigge zu hören. Auch soll er den Vorschlag, die Bekleidungspauschale für Sozialhilfeempfänger zu senken, als Gruppenresultat ausgegeben haben, ohne dass die Arbeitsgruppe davon wusste. Knigge dazu: „Das stimmt nicht.“ Nun soll, betonen alle Beteiligten, Einvernehmen einkehren und Sparpotenzial noch effektiver ausgeschöpft werden. Staatsrat Henning Lühr lakonisch: „Reinhard Hoffmann und ich haben jetzt einen neuen Job: als Mattenrichter beim Freistilringen um Einsparmaßnahmen im Sozialhaushalt.“ sgi