„Die wollen uns etwas wegnehmen“

Vor dem entscheidenden Gruppenspiel gegen Tschechien kann Rudi Völler das Wort „B-Elf“ nicht mehr hören

BERLIN taz ■ Rudi Völler mag das Wort nicht – und in der gar nicht so alten deutschen Fußballgeschichte gibt es dafür einen sehr guten Grund. Schließlich war es vor vier Jahren und somit bei der letzten EM just eine so genannte B-Elf, jene aus Portugal nämlich, die die Deutschen bereits in der Vorrunde aus dem Turnier kegelte – und Völler schließlich zum Nachfolger von Sir Ribbeck machte. Ob sich das Szenario diesen Mittwoch, im letzten Spiel der Gruppe D gegen Tschechien (20.45 Uhr), wiederholen und also auch für Völler ein Nachfolger gesucht werden muss, mochte der deutsche Teamchef gestern aus nachvollziehbaren Gründen nicht prognostizieren. Bei der alltäglichen Pressefragestunde im deutschen EM-Quartier wurde aber allemal deutlich: Das Wort B-Elf mag Bundesrudi wirklich nicht. Mehr noch: In seinem Wortschatz taucht es allerhöchstens mit dem Zusatz „vermeintliche“ auf.

Natürlich hat Völler gute Gründe parat, die von ihrem Trainer Karel Brückner für Mittwoch angekündigte „vermeintliche B-Elf“ der Tschechen nicht als solche zu sehen, sondern einfach als: ganz normale Elf. „Die da nachrücken, spielen alle in der Bundesliga oder in anderen europäischen Top-Ligen“, weiß Völler – und sind nach 180 Minuten auf der Ersatzbank ohnehin mehr als heiß darauf, aller Welt und vor allem ihrem Trainer zu zeigen, dass auch sie Fußball spielen können – und zwar gar nicht so viel schlechter als die zu schonenden Stars wie Nedved, Koller oder Rosicky. Zwar muss auch Völler eingestehen, dass ein Weltklassespieler wie Pavel Nedved „nicht adäquat zu ersetzen ist“, alles in allem – und nur darauf kommt es bei so einer EM schließlich an – mache selbst das Fehlen des Weltfußballers des letzten Jahres „keinen so großen Unterschied“. Deshalb hat Völler verbal schon mal vorgebeugt und ganz tief in die psychologische Trickkiste seines Lehrmeisters Otto Rehhagel gegriffen. Dabei herausgekommen ist dieser Satz des Rehhakles: „Wir müssen uns klar machen: Die wollen uns etwas wegnehmen.“

Verhindern will Völler das mit einer ähnlichen Aufstellung wie gegen die Holländer, soll heißen: ein Stürmer (wahrscheinlich erneut Kuranyi), dahinter ein offensiverer als gegen die Letten ausgerichteter Michael Ballack, der sich „etwas länger vorne aufhalten kann, ohne gleich wieder nach hinten zu müssen“. Dafür darf und soll Ballack für die zuletzt vermisste Torgefährlichkeit sorgen. Möglich ist, dass er dabei von Bastian Schweinsteiger unterstützt wird (Völler: „Die Chance, dass er von Anfang an aufläuft, ist da“), letztendlich aber ist das Ballack egal. „Es ist doch gar nicht so wichtig, ob ich zum Abschluss komme oder ein anderer“, sagt der Münchner, der ohnehin weiß: „Meistens trifft einer, von dem man es gar nicht erwartet. Wichtig ist nur, dass einer trifft.“ FRANK KETTERER