Lukrative Zwangsarbeit

Gemeinnützige Arbeit von SozialhilfeempfängerInnen und Flüchtlingen macht Garten- und Landschaftsbaubetrieben Sorge. Kritiker sprechen von „Arbeitsdienst“. Nur der Projektträger HAB freut sich darüber, die Hand doppelt aufzuhalten

von PETER AHRENS

Die Förderung des Mittelstandes – für den Rechts-Senat gehört das zum täglichen Credo. Wenn es jedoch ums Sparen geht, dann vergisst der Senat seine hehren Grundsätze auch einmal. So setzt er SozialhilfeempfängerInnen und neuerdings auch AsylbewerberInnen ein, die in Grünpflege und Stadtreinigung vermeintlich gemeinnützige Arbeiten der Bezirke übernehmen sollen – zum Unwillen der Garten- und Landschaftsbaubetriebe. „Wir haben natürlich Sorgen, dass Arbeiten gemacht werden, die sonst an Fachfirmen vergeben werden“, sagt Josef Werner, Geschäftsführer des Garten- und Landschaftsbauverbandes Nord.

Zwar habe die Wirtschaftsbehörde in Gesprächen mit dem Verband versichert, die HilfeempfängerInnen würden nur für Tätigkeiten eingesetzt, die „keinerlei Fachausbildung erfordern“ – wie Laub harken und Papier einsammeln, aber „wir haben gewisse Zweifel, dass das auch so gemacht wird“, sagt Werner.

Auch die Stadtreinigung, die Aufträge in ähnlicher Art erfüllt, beobachtet das Projekt mit Distanz, will aber „keine Bewertung abgeben“, wie Sprecher Andree Möller sagt. Die Pflege der Grünanlagen war allerdings bislang auch ein Feld, das die Stadtreinigung den Bezirken überlassen hat. In die Quere mit den Aufgaben der HilfeempfängerInnen könnten die Reinigungsprofis zum Beispiel beim Saubermachen in der Innenstadt kommen.

SozialhilfeempfängerInnen dürfen nach den gesetzlichen Vorgaben nur so genannte „zusätzliche gemeinnützige Arbeit“ tun – Jobs, die Fachfirmen nicht anfassen würden. Aus Sicht des neuen Altonaer Bezirksamtsleiters Hinnerk Fock (FDP) werden diese Bedingungen auch erfüllt: „Wenn die Hilfeempfänger das nicht übernehmen würden, würde die Arbeit gar nicht getan“, glaubt er. Die Gartenbauämter der Bezirke seien dermaßen zusammengekürzt, dass sie sich um Grünstreifen und Laub auf der Straße personell gar nicht mehr kümmern könnten. Seit einer Woche werden im Bezirk Nord als Pilotprojekt Flüchtlinge eingesetzt, um „Wildkraut zu beseitigen und die Straßenbegleitgrüns im weiteren Umfeld der Wohnunterkünfte zu pflegen“, wie es heißt.

Abgewickelt wird das Programm über die Hamburger Arbeit HAB, die bereits für den Einsatz von SozialhilfeempfängerInnen im Rahmen des so genannten Ein-Euro-Programms verantwortlich ist. Die HAB verleiht die Arbeitskräfte an die Bezirke, die Arbeitenden erhalten zusätzlich zur Sozialhilfe eine Aufwandsentschädigung von einem Euro pro Stunde. Wer nicht zur Arbeit kommt, dem wird von der Behörde die Unterstützung gekürzt oder völlig gestrichen – aus Sicht von Kritikern des Modells, wie dem Arbeitskreis Asyl, ein klassischer Zwangsarbeitsdienst mit dem einzigen Ziel, Sozialhilfe zu sparen.

Vor allem die vom Senat gerupften Beschäftigungsträger werfen dem Ein-Euro-Programm zudem vor, dass es keine Hinführung zum Arbeitsmarkt darstellt – und damit gegen die gesetzliche Vorgabe verstößt, dass solche Beschäftigung in den Arbeitsmarkt integrieren soll.

Einer freut sich jedenfalls über die Zwangsarbeit: Die HAB, bereits das Hätschelkind früherer SPD-Senate, profitiert. Die Gesellschaft, ohnehin vom Senat mit 40 Millionen Euro alimentiert, kassiert auch von den Bezirken, wenn dort befristete Aufträge an HAB-Arbeitskräfte zu vergeben sind. Die AsylbewerberInnen werden den Bezirken dagegen kostenlos zur Verfügung gestellt, sagt Sozialbehörden-Sprecherin Annika Wichert.