soundtrack
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In Zeiten, in denen die zur Veröffentlichung anstehende Platte bereits Wochen vor dem Veröffentlichungstermin ihre Kreise durch die Downloadportale zieht, verändern sich auch Charakter und Funktion der Release-Gala, dem öffentlichen Herzstück des neuen Produkts. Die Zahl der fiebrig wartenden Neugierigen schwindet, aus dem Treff der noch Ahnungslosen ist eine Zusammenkunft der Eingeweihten geworden, die schon alles mitsingen können, vorausgesetzt Komposition und Text lassen sowas überhaupt zu. In Sachen notwendiger Eingängigkeit ist der in Hamburg lebende Kevin Hamann nicht nur als Hälfte des Elektrotanzpop-Duos „Bratze“, sondern auch als sein Alter Ego Click Click Decker bestens ausgewiesen. Auf bislang zwei Platten wird der doch eher dornige Pfad zwischen Singer / Songwritertum und Post-Hamburger Schule beschritten und was ihn gegenüber manchem anderen Vertreter dieses gar nicht mal kleinen und gar nicht mal empfehlenswerten Genres auszeichnet und abhebt, ist eine Art von Unbeirrbarkeit, die man gut und gerne auch einfach unbestechlich nennen darf. An Alternativen dürfte es nicht gemangelt haben, Herr Decker ist jedoch auch mit der dritten Platte, der ersten, die überhaupt im Studio aufgenommen wurde, nicht beim Grand Hotel van Cleef oder gleich bei einem der diversen Spartenabteilungen eines Majors gelandet, sondern verlässt sich weiterhin auf die eigene Indie-Gang und das eherne Do-it-yourself-Prinzip. Und man meint, dies sogar der Musik anhören zu können, die zwar einerseits recht konventioneller Gitarrenpop mit allerdings oft vorzüglichen Melodien ist, andererseits durch einen besonderen Umgang mit Gesangslinien auffällt und vor allem: Eitelkeiten vermeidet. Wer mitsingen will, gehe am Freitag ins Zeise-Kino und einen Tag vorher bereits zum Üben zu Michelle-Records. Do, 29. 1., 18 Uhr, Michelle Records, Gertrudenkirchhof 10; Fr, 30. 1., Zeise-Kino, Friedensallee 7 – 9

Sub Pop war dieses Label aus Seattle, dem Slackertypen mit langen Haaren und zerrissenen Haaren den musikalisch-ideologischen Überbau verdanken. Wenn „Nirvana“ und „Soundgarden“ das dürfen, dann dürfen wir das schließlich auch, war die Losung. Nun ist Grunge seit gefühlten 100 Jahren tot und das Label hat längst in andere Richtungen expandiert. Nicht immer ist man heute dabei so wegweisend wie einst, stattdessen wird viel Durchschnitt entdeckt, verbreitet und schnell wieder vergessen. Entscheidender ist, ob hin und wieder Substanzielles darunter ist. Ob Oxford Collapse, das neue Pferdchen im Stall, diesem Anspruch genügt, ist auch mit der vierten Platte „BITS“ noch nicht restlos erwiesen. Was aber nicht zu bestreiten ist: Diese New Yorker Band macht derartig viel Wind, dass man zu dem Schluss kommt, heftig nach vorne treibender Indierock mit krachenden Gitarren und schönen Refrains könnte das neue musikalische Ding von übermorgen sein. Fr. 30. 1., 21 Uhr, Molotow, Spielbudenplatz 5 NILS SCHUHMACHER