Verwaltung erpresst Schule

Weil die Gemeinschaftsgrundschule Neusser Straße nicht Offene Ganztagsschule werden will, wird die Stadt Köln kein Geld für notwendige Umbauten geben. Für die Schulpflegschaft ein „Skandal“

KÖLN taz ■ Die Gemeinschaftsgrundschule Neusser Str. 605 platzt aus allen Nähten: Zwei Unterrichtsräume müssen dringend erneuert werden, Lehrerzimmer und Sekretariat sind zu klein „und unsere Theater-AG muss immer ins Pfarrheim ausweichen“, erzählt die Schulpflegschaftsvorsitzende Jaqueline Ruster. Dass hier Handlungsbedarf besteht, zumal die Schule in Weidenpesch langfristig von 14 auf 16 Klassen erweitert werden soll, hat nach Jahren des Aussitzens nun auch das Schulverwaltungamt eingesehen. Ein entsprechender Antrag für Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen ging im April durch den Schulausschuss und soll heute im Stadtrat abgesegnet werden.

So sahen Eltern und Lehrer der Grundschule die Sache auf einem guten Weg. Umso überraschter war die Schulkonferenz laut Ruster daher von dem Fax, das die Schule am 4. Mai von der Verwaltung erhielt und in dem sie aufgefordert wurde, binnen zwei Wochen zu beschließen, Offene Ganztagsschule (Ogata) zu werden. Andernfalls könnten die „erforderlichen Baumaßnahmen“ nicht bis 2007/2008 durchgeführt werden. Auf dieses Ansinnen der Stadt wollte sich die Schulkonferenz allerdings nicht einlassen, nur um die beantragten Zuwendungen zu erhalten. Schließlich, erklärt die Pflegschaftsvorsitzende Ruster, hätten die Erweiterungen kaum etwas mit Ogata zu tun. Vielmehr brauche man die Räume vor allem für den „normalen Schulbetrieb“ und für AGs oder Förderprogramme. Außerdem könne man nicht binnen zwei Wochen ein padägogisch ausgereiftes Konzept für eine Ogata „mit guter Qualität“ vorlegen.

Das allerdings hat die Verwaltung auch gar nicht interessiert. Lediglich „einige inhaltliche Sätze“ zum Ganztagskonzept würden ausreichen, heißt es in dem Brief an die Schule, der der taz vorliegt. Offensichtlich geht es der Stadt vielmehr darum, möglichst viele Fördergelder an Land zu ziehen. Denn wird die Schule eine Offene Ganztagsschule, gibt es für die Bauten Fördermittel vom Bund, wird sie das nicht, muss die Stadt die Erweiterung aus eigener Tasche bezahlen, beziehungsweise kann dafür nur auf pauschale Landesgelder für Schulgebäude zurückgreifen. Für Sabine Ulke (Grüne), stellvertretende Vorsitzende im Schulausschuss, ist daher das Vorgehen der Verwaltung durchaus verständlich. „Gerade in knappen Zeiten ist es sinnvoll, wenn man für die Erweiterung das Geld nimmt, woher man es kriegen kann.“ Und schließlich, findet die zuständige Mitarbeiterin bei der Stadt, Rita Gorklo-Blameuser, müsse die Verwaltung an die Zukunft denken – und die heiße in punkto Schule eben Ogata.

Dagegen empfindet es der Vorsitzende der Schulpflegschaft Kölner Grundschulen, Josef Bünger, als „Skandal“, dass die Verwaltung die Baumaßnahmen mit der Ogata verknüpfen wolle: „Man will die Ogata an den Schulen durchsetzten, weil sie ein Sparmodell ist“. Deswegen werde mit politischem Druck versucht, die Schulen dorthin zu bewegen.

Weil das im Fall der Neusser Straße aber nicht gelungen ist, dürfte der Umbauantrag, den der Rat heute wohl beschließen wird, erst mal keine praktischen Folgen haben. Schließlich gibt es ohne Zustimmung der Schule kein Geld vom Land.Susanne Gannott