Ein Roland steht im Walde

bienenchronik xxi: Birgit Jönsson hat im Stadtwald einen Roland geschnitzt. Als Bienenstock. Jetzt ist das Werk vollendet

Tochter Paula ist begeistert. „Der ist schön geworden. Gell, Papa?“

Birgit Jönsson schnitzte im Stadtwald den Roland als Bienenstock nach. Schnitzte. Bis gestern. Zwanzig vor Eins: Sie hockt auf einem Regenmantel und schneidet ihren Namen in den Eichenstamm. „Birgit Jönsson, Bremen 2004“. Vier Zuschauer umringen die Schnitzerin. Dorothea Brückner von der Uni-Forschungsstelle für Bienenkunde ist zufrieden. Sie hat den Bienenroland in Auftrag gegeben. Ein Lächeln liegt auf ihrem Gesicht. Mit einer Digitalkamera fotografiert sie das Werk. Die Waldarbeiter Frank und Henry ahnen, dass es bald aus ist mit der Ruhe im Betriebshof. „Die Figur ist klasse geworden. Ich habe nur Bedenken wegen der ganzen Leute.“ Und der taz-Chronist schaut ein letztes Mal nach dem neusten Stand.

Geschnitzte Bienstöcke sind eine alte Volkskunst. Heute ist die Tradition der „Figurenbeuten“ fast ausgestorben. Nur noch die Fränkin Birgit Jönsson baut exklusive Behausungen für die Honigsammler (www.imkerei.com/birgit-jönsson). Der Bremer Roland gehört zu den aufwendigeren Arbeiten. „Es haben sich viele gewundert, dass ich nur acht Wochen da war.“ In der Zeit hat sie aus einem 3,20 Meter hohen Baumstamm eine reich verzierte Skulptur geschaffen.

„Maaamiii!“ Tochter Paula rennt auf den Betriebshof und wirft sich in die Arme der Figurenbeuten-Schnitzerin. Ehemann Johannes kommt hinterher. Paula betrachtet den Roland. Sie reicht ihm knapp über die spitzen Knie. „Der ist schön geworden. Gell, Papa?“ Er kann ihr nur zustimmen. Die Familie posiert für ein Foto. Papi holt das Kinderfahrrad aus dem Auto. Paulas Blick verweilt beim Ritter. „Oh, ist das schön.“

Trotz der Skepsis von Frank und Harry: Der Roland bleibt auf dem Betriebshof. Das ist bereits beschlossene Sache. Beim Waldweg kommt ein Beton-Sockel aufs Gelände. Damit Besucher jederzeit den Bienenschwarm betrachten können, wird der Zaun umgelegt. Doch das geschieht nicht vor Mitte Juli. Birgit Jönsson wird mit ihrer Familie das Wochenende in Bremen genießen. Bis Sonntag. Dann geht’s zurück nach Nürnberg. Scherzhaft planen die Waldarbeiter „fünf Euro Eintritt“. Wenn ihr Hof beschnitten ist und die Bienen-Touris kommen, bleibt ihnen nur noch die heimelige Baracke.

Axel Lerner