BRUMMIFAHRER UND UMWELTSCHÜTZER VEREINT IN BILLIGER POLEMIK
: EU schafft faire Bedingungen

Wenn es um freie Fahrt für freie Bürger geht, liegen in Deutschland bekanntlich die Nerven blank. Bei der Diskussion um freie Fahrt für Brummis ist das nicht anders. Natürlich ist es billige Polemik, wenn ein Verbandsvertreter der Spediteure düster prophezeit, das geplante Mautverfahren der EU-Kommission sei so kompliziert, dass es einen Blutzoll der Lkw-Fahrer fordern werde.

Es ist aber nicht weniger unsachlich, wenn Umweltschützer behaupten, Brüssel wolle die Maut verhindern und schlage sich damit mal wieder auf die Seite der Luftverpester im Dienste der ungebremsten Marktwirtschaft. Das gestern von der Kommission eingeleitete Beihilfeprüfverfahren hat die deutsche Bundesregierung selbst angeregt. Sie will wissen, ob deutsche Spediteure dadurch entlastet werden dürfen, dass ihre Mautgebühren mit der Mineralölsteuer verrechnet werden.

Sollte – was wahrscheinlich ist – die Antwort negativ ausfallen, wird man in Berlin andere Wege gehen. Dann kann die Kfz-Steuer für Schwerlaster gesenkt oder ein Förderprogramm für die Entwicklung schadstoffarmer Brummis aufgelegt werden.

Beide Maßnahmen gehen in die gleiche Richtung, wie der ebenfalls gestern von der Kommission vorgelegte Entwurf für eine neue Wegekosten-Richtlinie. Sie hat zum Ziel, die zerstückelte Mautpolitik der Mitgliedstaaten auf eine einheitliche Grundlage zu stellen. Die von Umweltschützern angemahnten externen Kosten durch Lärm, Verschmutzung oder Belastung empfindlicher Ökosysteme sollen künftig in die Rechnung einfließen. Alternative Verkehrsträger sollen aus den Einnahmen mit finanziert werden dürfen.

Die zuständige Kommissarin Loyola de Palacio hat mit dem Entwurf mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Sie schafft faire Wettbewerbsbedingungen für Spediteure und Anreize für den Umweltschutz. Mit dem Beihilfeprüfverfahren gegen Deutschland zieht sie außerdem einen großen Mitgliedstaat auf ihre Seite. Ist die neue Richtlinie erst in Kraft, kann Deutschland sein Mautsystem nach ökologischen Kriterien weiter ausbauen. Und die leidige Ökopunkt-Debatte mit Österreich erledigt sich dabei auch gleich noch von selbst.

DANIELA WEINGÄRTNER