Schwarzer Peter für die Mitgliedsländer

EU-Kommission gibt nur vage Empfehlungen für Nebeneinander von genetisch veränderten und anderen Organismen

BRÜSSEL taz ■ Zwei zentrale Botschaften hatte Agrarkommissar Franz Fischler gestern für die europäischen Verbraucher: „Wir leben in einer Welt, wo die Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen eine immer größere Rolle spielen wird. Das ist eine Realität.“ Für den Optimismus von Gentech-Gegnern, dass Mitgliedstaaten Zulassungsanträge für Genfood auch weiterhin auf Eis legen werden, gibt es aus seiner Sicht keine Grundlage: „Es ist nicht gerechtfertigt, die Koexistenz als Ausrede zu gebrauchen, um neue Hürden bei der Autorisierung aufzubauen.“

Einen gesetzlichen Rahmen für das Nebeneinander von genetisch veränderten und traditionellen Kulturen will die Kommission aber auch nicht vorgeben. Während Brüssel sonst stets auf Harmonisierung setzt, regiert in diesem Bereich die Zurückhaltung. Lediglich vage „Leitlinien“ für die geplanten nationalen Vorschriften und Maßnahmen zur Koexistenz präsentierte Fischler gestern der Öffentlichkeit.

Ohne eine Rahmenregelung für alle, so hatte die deutsche Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) noch am Dienstag gewarnt, werde die Auseinandersetzung in die Dörfer verlagert. Dort könne ein Kleinkrieg zwischen Nachbarn um die Frage entstehen, wer des anderen Feld verunreinigt hat.

Auch der grünen Europapolitikerin Hiltrud Breyer gehen Fischlers Empfehlungen nicht weit genug. Er liste lediglich mögliche Schutzmaßnahmen auf, wie Mindestabstand zwischen Feldern oder Hecken als Pollenbarrieren – die seien aber ohnehin nicht umstritten. Breyer glaubt, dass nur gentechfreie Zonen den Landwirten eine Garantie dafür bieten, dass sie traditionelle oder ökologische Produkte weiterhin auf den Markt bringen können.

Derartige Schutzzonen möchte die Kommission aber nur dann erlauben, wenn andere Maßnahmen „nachweislich“ nicht zum Ziel führen. „Damit schiebt die Kommission die Beweislast denjenigen in die Schuhe, die technische Maßnahmen nicht für ausreichend halten.“

Nun sind die Mitgliedstaaten gefordert. Ein Wettbewerb um die besten Ideen wird von der Kommission ausdrücklich begrüßt. Wenn Künast den ländlichen Bürgerkrieg vermeiden will, muss sie ein eigenes Gesetz vorlegen, das hohe Sicherheitsstandards für Gentech-Kulturen vorschreibt und dafür sorgt, dass die zur Kasse gebeten werden, die ihre Pollen sorglos durch die Gegend fliegen lassen.

DANIELA WEINGÄRTNER