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: Mit dem Tod von Husseins Söhnen wird der Irak nicht sicherer

Es war die zweitbeste Nachricht für US-Präsident George W. Bush und den britischen Regierungschef Tony Blair. Und sie kam zum richtigen Zeitpunkt. Bush und Blair, beide wegen des Irakkrieges innenpolitisch angeschlagen, können mit dem Tod von Saddam Husseins Söhnen Udai und Kusai endlich wieder einen Erfolg vermelden.

 Aber es war eben nur die zweitbeste Nachricht, denn der ehemalige Diktator ist noch auf freiem Fuß. Daher ist es voreilig, jetzt mit einem schnellen Ende der Guerillaangriffe zu rechnen, so wünschenswert dies auch wäre. Solange sich Saddam Hussein per Tonband an seine Anhänger wendet, werden die Überfälle weitergehen. Kurzfristig ist sogar mit zusätzlichen Racheaktionen zu rechnen.

 Zwar mag es jetzt bereits den einen oder anderen unsicheren Kantonisten in den Reihen der Fedajin und sonstiger bewaffneter Gruppen geben, die sich fragen, für wen sie nun eigentlich noch ihren Kopf hinhalten. Aber erst, wenn auch Saddam Hussein geschnappt wird, haben diese Leute ihre politische Perspektive – nämlich die Rückkehr des alten Systems – verloren.

 Hinzu kommt, dass der Widerstand nicht zentral gesteuert ist. Ob Udai und Kusai dabei überhaupt irgendeine Rolle spielten, ist nicht bekannt. Selbst US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld rückte kürzlich von der offiziellen Lesart in Washington ab, für die Angriffe auf die US-Truppen im Irak seien ausschließlich Saddam-Anhänger verantwortlich. Er machte auch Kriminelle, Plünderer und Freiwillige aus anderen Ländern für die Überfälle verantwortlich. Insofern ist die Hoffnung, die Bevölkerung werde sich schon der Besatzungsmacht zuwenden, wenn die Köpfe des alten Regimes erst einmal aus dem Verkehr gezogen sind, verfrüht. Auch wenn es zweifellos richtig ist, dass es im Irak Menschen gibt, die heute noch Angst vor einer Rückkehr des Diktators haben.

 Dass es nach der Nachricht über den Tod von Saddam Husseins Söhnen in Bagdad zu Freudenkundgebungen gekommen ist, überrascht da nicht. Allerdings haben die meisten Menschen im Irak andere Sorgen. Die Sicherheitslage und die Versorgung mit Wasser und Strom stehen dabei an allererster Stelle. Je länger die Besatzungsmächte brauchen, diese Probleme des Alltags in den Griff zu kriegen, und je länger die ausländischen Truppen im Land bleiben, desto stärker wird die Frustration über die „leeren Versprechungen der Amerikaner“ werden. Abgesehen von jenen Kräften, die aus ideologischen Gründen die USA nun auch im Irak bekämpfen wollen, kann aus dieser Frustration eine ganz neue Guerilla entstehen. BEATE SEEL