Hängepartie mit Kopftuch

Lehrerin Iyman Alzayed will künftig in Niedersachsen ohne das umstrittene Textil unterrichten und darf eingestellt werden. Baden-Württemberg prozessiert weiter

LEIPZIG taz ■ Zumindest einer von zwei aktuellen Kopftuchfällen hat sich erledigt. Die kopftuchtragende Lehrerin Iyman Alzayed, die das Land Niedersachsen nicht einstellen wollte, erklärte gestern Abend im Bundesverwaltungsgericht überraschend, dass sie auch ohne Kopftuch unterrichten würde. Daraufhin erklärte das Land Niedersachsen, dass sie dann eingestellt werden könne. „Ich respektiere dieses Gesetz, auch wenn ich seine Auslegung nicht nachvollziehen kann“, meinte sie. Zuvor habe es ihres Erachtens keine Grundlage für ein Kopftuchverbot gegeben. Damit war das Verfahren erledigt, obwohl es vorher noch verhandelt worden war.

Das niedersächsische Kopftuchgesetz besteht nur aus einem Satz: „Das äußere Erscheinungsbild von Lehrkräften in der Schule darf keine Zweifel an der Eignung der Lehrkraft begründen, den Bildungsauftrag der Schule auch in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht überzeugend zu vermitteln“, heißt es im Schulgesetz. Das Gesetz könne im Sinne einer Einzelfallprüfung ausgelegt werden oder auch nicht, meinte der Vertreter Niedersachsens. Beim Kopftuch sei die Sache aber so klar, dass keine Einzelfallprüfung nötig sei. Dem widersprach der Anwalt der klagenden Lehrerin Iyman Alzayed vehement. „Wo ist denn der Maßstab des Gesetzgebers für diese Ungleichbehandlung?“ All dies ist nun erledigt – zumindest bis zur nächsten Klage.

Auch im Fall der Lehrerin Fereshta Ludin gegen Baden-Württemberg, der zuvor verhandelt wurde, gab es Überraschungen. Das baden-württembergische Kopftuchgesetz könnte so ausgelegt werden, dass es nicht gegen die Verfassung verstößt, deutete sich an. Das Bundesverfassungsgericht hatte im September 2003 geurteilt, dass das Land ein Kopftuch in der Schule nur mit einer gesetzlichen Grundlage verbieten darf, und den Fall an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Der zweite Senat unter dem Vorsitz des Richters Hartmut Albers verhandelte, ob das Kopftuch mit dem baden-württembergischen Gesetz tatsächlich verboten werden kann. Besonders strittig war im Vorfeld, dass das Gesetz die Religionen ungleich behandele. Allgemein sollten „äußere Bekundungen“ verboten werden, die geeignet seien, staatliche Neutralität oder Schulfrieden zu gefährden. In einem weiteren Absatz wurde die „Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen“ dagegen erlaubt. Daraus hatten KommentatorInnen geschlossen, dass das Nonnenhabit erlaubt bleiben solle, das Kopftuch dagegen verboten. Doch gestern stellte der Vertreter des Landes Baden-Württemberg klar: „Das ist kein Gesetz zum Schutz von Nonnen.“ Vielmehr, so der Jurist Ferdinand Kirchhof, ginge es darum, ob man das Münchner Stadtwappen, in dem ein Mönch zu sehen sei, in der Schule erklären dürfe. Danach wäre dem Gleichbehandlungsgebot Genüge getan, wenn Baden-Württemberg keine Nonnen mehr für den Schuldienst einstellte. Ob das Gericht so urteilen wird, ist unklar.

HEIDE OESTREICH