: Das wackelnde Mandat zur Mehrheit
Bürgerschaft muss über den Nord-Bezirksabgeordneten Siegfried Diebolder entscheiden. Der grüne Dissident wohnt offenbar nicht in Hamburg, sagt der Bezirkswahlleiter. Klärungsversuch zwischen den Kontrahenten verlief sachlich
Der Streit in der GAL Nord ist jetzt in der Bürgerschaft angekommen. Das Landesparlament wird darüber befinden müssen, ob dem Abgeordneten in der Bezirksversammlung Nord, Siegfried Diebolder, das Mandat aberkannt wird. Einen entsprechenden „Antrag auf Verlust der Wählbarkeit“ hat der Bezirkswahlleiter Harald Rösler gestellt.
Unklar ist, ob Diebolder überhaupt in Hamburg oder gar im Bezirk Nord wohnt. Der Abgeordnete habe sich dazu „bisher nicht erklärt“, stellt Rösler fest. Zudem seien „aktuelle und vorherige Meldeadressen vor Ort mit einem negativem Ergebnis überprüft worden“. Da kein Wohnort zu finden ist, besteht der Verdacht, dass Diebolder zu Unrecht Mitglied in der Bezirksversammlung Nord ist.
In der Bürgerschaftskanzlei sei kein weiterer „ähnlich gelagerter Fall“ bekannt, sagt deren Pressesprecher Ulfert Kaphengst. Vergleichbar ist nur die Affäre um den CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Volker Okun. Der legte aber im April 2005 fluchtartig sein Mandat nieder, nachdem ruchbar geworden war, dass er seinen Hauptwohnsitz ins Eigenheim im niedersächsischen Speckgürtel verlegt hatte. Wählbar in ein Hamburger Parlament aber ist nur, wer auch hier wohnt.
Nach Angaben von Kaphengst wird sich der Verfassungsausschuss der Bürgerschaft mit dem Fall Diebolder befassen. Wann mit einer Beschlussempfehlung des Gremiums zu rechnen ist, sei offen. Allerfrühestens zur Sitzung der Bürgerschaft in der ersten Märzwoche könne das Ergebnis der Prüfung vorliegen. Sollte das Landesparlament Diebolder das Mandat aberkennen, könnte dieser Rechtsmittel einlegen – vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht.
„Sachlich“ sei unterdessen am Mittwochabend ein Wiederannäherungsversuch verlaufen, berichtet Jens Kerstan. Der grüne Fraktionschef in der Bürgerschaft moderierte ein Gespräch zwischen der sechsköpfigen GAL-Fraktion in der Bezirksversammlung Nord mit den abtrünnigen Abgeordneten Diebolder und Dorle Olszewski. Die beiden hatten Anfang Januar die Fraktion im Streit verlassen, diese hatte daraufhin die Wohnortprüfung beim Bezirkswahlleiter veranlasst. „Wir wollen im Gespräch bleiben“, so Kerstan, ansonsten sei Stillschweigen vereinbart worden.
Durch das Ausscheren der beiden Dissidenten hat Schwarz-Grün im Bezirk die Mehrheit verloren. Ein grüner Nachrücker für Diebolder würde diese wieder herstellen. SVEN-MICHAEL VEIT