Bio-TÜV in Barmbek

Läden, die Mitglied im Bundesverband Naturkost Naturwaren sind, haben alle zwei Jahre Anspruch auf eine umfassende Öko-Kontrolle. Christian Strohmeyer hat die Lizenz zum Prüfen

von MAREIKE ADEN

„Alles Bio oder was?“ Diese Frage stellt sich Christian Strohmeyer täglich – von Berufs wegen. Denn er hat die Lizenz zum Prüfen. Jedenfalls in den Geschäften, die Mitglied im 1988 gegründeten Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) sind. Der diplomierte Agrar-Ingenieur ist freiberuflich für den Verband tätig. Außerdem arbeitet er als Prüfer für die staatliche Öko-Kontrollstelle in Köln, in deren Auftrag er landwirtschaftliche, verarbeitende und importierende Betriebe unter die Lupe nimmt. Sechs Monate im Jahr ist der gebürtige Braunschweiger insgesamt unterwegs. Manchmal gehts nach Kenia, um Bio-Bananen zu prüfen, manchmal aufs platte Land. Oder nach Hamburg.

Der „bioMarkt Barmbek“ ist einer von 320 BNN-Naturkostläden in Deutschland, rund 15 gibt es in der Hansestadt. Für 68 Euro Mitgliedsbeitrag im Monat werden die Betreiber rundum beraten: Der BNN gibt Hilfestellung bei der Suche nach Bio-Großhändlern, der Betreuung von Auszubildenden und allen Fragen rund um die Führung eines Ökö-Marktes. Außerdem dürfen BNN-Mitglieder ihre Ladenfront mit einem „N“ in schwarzer Druckschrift mit grüner Schraffierung schmücken. Das soll den Kunden Seriosität und Qualität demonstrieren. „So wie beim Apotheken-A und Fleischwaren-F“, erklärt Christian Strohmeyer.

Im Rhythmus von zwei Jahren kontrolliert der 46-Jährige, ob die BNN-Mitglieder den Anforderungen der seit 1992 bestehenden Bio-Verordnung der Europäischen Union und den Auflagen des Verbands genügen. Ein Blick auf das Etikett der Barmbeker Kartoffelchips-Tüte und das geschulte Kontrolleurs-Auge weiß Bescheid: DE-007-Öko. Der Aufdruck bestätigt, dass das Produkt von einer der 49 staatlichen Öko-Prüfstellen Deutschlands, nämlich der mit der Nummer sieben in Pforzheim, als biologisches Erzeugnis anerkannt ist.

Strohmeyer kennt mittlerweile die Mehrzahl der Bioprodukte und muss nur Stichproben nehmen. „Aber der normale Verbraucher kann da nicht durchblicken“, weiß er. Deshalb ist er froh, dass Verbraucherschutz-Ministerin Renate Künast mit ihrem Bio-Logo wenigstens bei deutschen Produkten Klarheit geschaffen habe. Doch der europaweiten Öko-Verwirrung setze das kein Ende: Jedes Land der EU habe seine eigenen, grundsätzlich verschiedenen Prüfsiegel. „Da muss sich was ändern“, findet der Sortimentsprüfer, der selbst auf Biokost schwört.

Im Barmbeker „bioMarkt“ stellt der Naturkost-Experte kaum Mängel fest: Auf einer Weinsorte fehlt das Prüfzeichen, ebenso auf einer Wurst. „Mit den Großhändlern werde ich mal ein Wörtchen reden“, verspricht er Marktbetreiberin Katrin Krause. Bei den bunten Lutschern im Glas auf dem Tresen kennt er jedoch keine Gnade: „Solche Öko-Lollies gibt es nicht. Die müssen weg.“ Der konventionelle Honig allerdings darf bleiben: Ein Prozent der Ware eines BNN-Bio-Marktes darf nicht-ökologisch sein. „Und bei Öko-Honig gibt es sowieso oft Engpässe.“

Dem Blick in die Regale folgt der ins Rechnungsbuch: Wer hat was wo gekauft? Hier stimmt alles: „Keine Möhren von Aldi oder Lidl“ – Strohmeyer ist zufrieden. Nach drei Stunden ist der Bio-TÜV in Barmbek vorbei.

Zusätzlich zum regulären Monatsbeitrag müssen Betreiber eines BNN-Naturkostmarktes alle zwei Jahre 250 Euro dafür bezahlen, dass ein Prüfer wie Christian Strohmeyer das gesamte Sortiment auf seine ökologische Herkunft hin überprüft. Aber Katrin Krause nimmt das gern in Kauf: „So können wir immer sicher sein, dass wir uns zu Recht ‚bioMarkt‘ nennen.“ Und der Kunde kann mit gutem Gewissen ein bisschen mehr Geld hinlegen für Kümmelkäse, Kartoffelchips und Krautsalat.