berliner szenen Flippern in Kreuzberg

Gekonnt eingelocht

Jede Woche einmal in der gleichen Kreuzberger Kneipe; jede Woche zwei Euro in den Flipper, in der Halbzeit ein „Flipperfit“, wie A. zu sagen pflegt, der auch nie wirklich fit aussah, aber man selber ja auch nicht. Wenn man kommt, sind die Stammgäste schon da, und wenn man geht, bleiben sie; der Tontechniker, der Typ vom Tagesspiegel, der Wettsüchtige, der „Unruhige“, der Drogenberater, der Betrunkene, der den Joint nicht ablehnt, aber dann rauchend erzählt, dass er ja eigentlich nicht kifft, Kiffen eher scheiße findet und mit dem „Kiffermilieu“ nichts zu tun hätte; Freund Arbeitslos natürlich und die Kneiper. Berlinuntypisch sind viele gebürtige Berliner. Manchmal kommen auch zwei eher schweigsame türkische Jungs, Anfang zwanzig, ganz in Schwarz vorbei. Sie rauchen Gras ohne Bier und spielen flippertechnisch in unserer Liga.

In der Abwehr ganz gut, zuweilen brillant, aber im Angriff, beim präzisen Einlochen zum Freiball, beim Die-Bahn-Hochschießen (im Abschluss halt), da hapert’s. Freunde, die seltener spielen, sind beeindruckt von unserem Spiel, aber eigentlich sind wir nicht wirklich gut. Eher so an Platz drei highscoretechnisch (zweite Liga vielleicht). Der Champ schafft dreimal so viel. Niemand weiß, wie er heißt. Er kommt und geht stets allein und sieht aus wie ein Undergroundrockstar halt früher, dünn, blass, ganz in Schwarz und lange Haare. Lässig steht er leicht vornübergebeugt am Flipper, weil er so groß ist, spielt unaufgeregt, genau, die Situation schnell einschätzend, die richtigen Schlussfolgerungen ziehend. Sein Spiel hat etwas Tänzerisches. Schweigend flippert er eine halbe Stunde, holt ein paar Freispiele, die er für uns stehen lässt, und geht wieder. Glück sei auch dabei, sagt er, aber das stimmt nicht. DETLEF KUHLBRODT