Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Der deutsche Fußball ist nicht mehr groß, was soll’s – Feldhandballmeisterschaften vermisst ja auch niemand. Tschechien hingegen wird Europameister, und auch Friedrich Merz muss diesbezüglich noch etwas lernen

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Völlers Rücktritt.

Was wird besser in dieser?

Hitzfelds Berufung.

Am Donnerstag wird Horst Köhler sein Amt als Bundespräsident antreten. Was können wir von ihm erwarten?

Ruck ’n’ Roll is here to stay. Der hinter Herzog herzog. Standortpaukist. Wenn Kirchen oder Gewerkschaften so einen Durchmarsch machten in dieser Gesellschaft wie die Banken, wäre der nationale Notstand ausgerufen. Das Konzept „Deutschland als die größte Schweiz der Welt“ taugt aber nix.

Die Zeiten, als die deutsche Elf zu den „Großen“ gehörte, sind vorbei. Deutschland ist bei der EM rausgeflogen. Warum?

Weil gegen Lettland ein dummes Duseltor fehlte.

Oder ist Deutschland nicht mehr groß, weil die anderen – siehe Lettland – nicht mehr klein sind?

Na ja. Lettische oder tschechische Spieler suchen Jobs in einer der am besten zahlenden Ligen der Welt. Wie kann man die besser motivieren als mit einem Auftritt im Schaufenster des deutschen Fußballs? Umgekehrt hat Ballack eher geringeres Interesse an einem Angebot aus, sagen wir mal, Riga.

Andere These: Mit dem Verschwinden von Schwerindustrie und Fabrikwelt geht es nicht nur mit der SPD, sondern auch mit dem Fußball bergab. Stimmt das?

Soweit mein persönlicher Eindruck taugt, gehörte ich zur deutschsprachigen Minderheit an der Seitenauslinie bei den Minikickers. Die Mehrheit der anderen Väter coachte auf Türkisch rein. Während die Mehrheit meiner deutschstämmigen Freunde stolz von Tennis-Computer-Internats-sonst-was-Erfolgen ihrer besser versorgten Söhne erzählten.

Die „linke“ These lautet: Wenn etwa Umit Davala (Werder Bremen) und Hamit Altintop (Schalke 04), beide in Deutschland groß geworden und für die Türkei spielberechtigt, gekickt hätten, wären wir noch dabei. Richtig?

Ich kann nichts Linkes daran erkennen, wenn der Computer-Inder seine Ergänzung im Leder-Georgier findet. In der Migrationspolitik geht es um Integration, nicht um Selektion. Letzterer Gedanke ist stramm rechts.

Die „rechte“ These lautet aber: Wir haben zu viele Ausländer in der Liga, daher dürfen die Deutschen nicht mehr spielen. Richtig?

Tibulski, Gellesch und Berg, im Sturm zurückhängend Szepan und Kuzorra, im Zentrum Kalwitzki, Urban … das klang für 30er-Jahre-Ohren ungefähr so befremdlich wie für uns Altintop, Davala, Kuranyi. Ist aber heute als „Schalker Kreisel“ nationales Kulturgut (Herr Merz, bitte unter „Leitkultur“ einen Polnischkurs vorschreiben!). Und war obendrein auch noch die Vorzeigemannschaft der Nazis, sechsmal Meister ab 34, bis es keine Meisterschaften mehr gab.

Macht der DFB was falsch?

Meine Fresse. Es ist nun mal so, dass Fußball nicht mehr DIE gesellschaftliche Rolle als Aufstiegschance derer, die sonst keine Aufstiegschance haben, spielt. Na und? In den 50ern kamen 80.000 zum Finale der Deutschen Feldhandballmeisterschaft ins Berliner Olympiastadion. Weine ich auch nicht jeden Tag, dass es diese Sportart erwischt hat.

Jetzt wird wohl Ottmar Hitzfeld neuer Bundestrainer. Was kann er besser als Rudi Völler?

Unabhängig von der Person Hitzfelds hat der neue Trainer erst mal ein halbes Jahr Welpenschutz von der Bild, was leider zentral ist in diesem Job. Sonst hätte Völler bleiben können. Bei Hitzfeld kommt hinzu, dass er auf dieses Lebensziel lange hingearbeitet hat.

Und wer wird Europameister?

Tschechien.

FRAGEN: STEFAN REINECKE