Der Motor stottert wieder

Erst als Jan Ullrich im fernen Frankreich vom Fahrrad fällt, reißt sich Werder Bremen im UI-Cup zusammen und bezwingt OGC Nizza mit Müh und Not in einem müden Sommer-Kick mit 1:0. Der nächste Gegner wartet in der österreichischen Provinz

„Ulle ist gestürzt“, „jetzt ist alles aus“, raunten die Rad-Experten im Stadion

aus BremenMARKUS JOX

Es war so gegen Mitte der zweiten Halbzeit, in der 65. Minute etwa, als am Samstagnachmittag ein leises Seufzen und Stöhnen durchs Bremer Weserstadion schlich. Mit dem Spiel, einem überaus müden Sommer-Kick, hatte das allerdings nichts zu tun: Werder Bremen hatte sich bis dato redlich, aber vergebens bemüht, gegen OGC Nizza im Rückspiel der dritten UI-Cup-Runde ein Tor zu erzielen. Die Partie stand mithin 0:0 und erinnerte fatal an das Hinspiel in Südfrankreich, das mit einem kläglichen torlosen Unentschieden geendet hatte.

Das Seufzen, das so wunderbar zum Spielverlauf passte, galt jedoch einem Geschehen, das für das Werder-Volk an diesem Nachmittag wichtiger zu sein schien als der UI-Cup, und auch wichtiger als die wundersam papageienbunte neue orange-grün-weiße Trikotage (taz berichtete), mit der die Profis sich zum ersten Mal im Weserstadion präsentierten. „Ulle ist gestürzt“, flüsterte es allenthalben, fassungslos starrten Augen auf Handy-Displays. „Jetzt ist alles aus“, raunten sich die Rad-Experten auf den Rängen zu, „jetzt hat er die Tour verloren“ – und dann wandten sie den Blick wieder dem trüben Geschehen auf dem Spielfeld zu.

Dabei hatten sich die Werder-Verantwortlichen im Vorfeld viel Mühe gegeben: Wenn wir schon um den doofen UI-Cup spielen müssen, um die letzte Chance auf die UEFA-Pokal-Teilnahme zu wahren, dann wollen wir unsere treuen Fans dafür ordentlich entschädigen, hatten sie sich gesagt. Also baute man auf einer Wiese hinterm Stadion ein Zelt auf, schenkte Bier aus, ließ die Profis Autogramme kritzeln, spendierte tausende Sixpacks „Werder-Apfelschorle“ – und nannte das ganze „Tag der Fans“. Sogar ein Kinder-Rodeo war aufgebaut worden, an dem jedoch irritierte, dass fünfjährige Kids dort brüllend laut mit dem Uralt-Kanzler-Song „Hol‘ mir mal ‘ne Flasche Bier“ beschallt wurden.

Unvorstellbar, was für Auswirkungen das auf die Fan-Party gehabt hätte, wenn Werder ausgeschieden wäre. Das leuchtete auch Gäste-Trainer Gernot Rohr ein: „Wir wollten an diesem Tag keine Spielverderber sein“, gratulierte er zum „letztlich verdienten Sieg“. Werder-Trainer Thomas Schaaf wiederum, selten um ein Metaphern-Häppchen für Journalisten verlegen, griff nach der Partie zu dem Bild vom „Motor“, den man heute „erst angeschmissen“ habe, der in der ersten Halbzeit „lange gestottert“ habe und der nun eben „so langsam auf Touren kommen“ müsse.

Eine Woche vor dem Bundesliga-Auftakt bei Hertha BSC stolperten vor allem Werders Stürmer Ailton (schoss ein Abseitstor) und Angelos Charisteas (schoss abwechselnd neben und über das Tor) untertourig über den Rasen. Schon ein wenig stärker agierte das Mittelfeld mit dem eingewechselten Krisztian Lisztes und mit Johan Micoud, der gegen seine Landsleute besonders motiviert wirkte, eine Viertelstunde vor Schluss den Siegtreffer erzielte und so dafür sorgte, dass Werder am Mittwoch in die oberösterreichische Provinz fahren darf: Der Halbfinalgegner im UI-Cup ist der FC Superfund Pasching aus der „T-Mobile-Bundesliga“.

Ein sehr beachtliches Debüt vor heimischem Publikum – sicher im Abwehrverhalten und engagiert im Spielaufbau – feierte Werders zweiter Franzose, der Neuzugang Valerien Ismaël. Auch die Verpflichtung von Torhüter Andreas Reinke scheint sich auszuzahlen: Der 34-Jährige strahlte eine Ruhe und Sicherheit aus, die man in der letzten Saison bei Bremens Schlussmännern vermisste.