Vereinsmeier und Parteimiezen

Zwei Bremer Sozialdemokratinnen tragen den Streit um die Spendengelder für Brustkrebs-Kampagnen jetzt auch vor dem Amtsgericht aus: Anne Albers lässt sich von Karin Jöns nicht aus deren Verein „Europadonna“ ausschließen

Bremen taz ■ Vor Gericht saß die Europa-Abgeordnete der SPD, Karin Jöns, und Anne Albers, engagiertes Mitglied der Bremer Sozialdemokratischen Partei. Albers klagt dagegen, aus dem Verein „Europadonna“ von Karin Jöns ausgeschlossen zu werden. Rein theoretisch ist „Europadonna“ die „Europäische Koalition gegen Brustkrebs. Nationales Forum Deutschland“ und ein parteiübergreifendes Gebilde. Praktisch aber offenbar doch ein kleiner deutscher Verein und ziemlich sozialdemokratisch: 80 Prozent der Mitglieder seien „aus der Partei“, meinte Albers, sie selbst habe Dutzende von SPD-Mitgliedern für Europadonna geworben.

Und warum dann der Ausschluss? Vereinsschädigendes Verhalten in diversen Details lautet der Vorwurf. Anne Albers, so die Begründung für den Ausschluss aus dem Verein, habe als Schatzmeisterin die Belege der Vereinskasse dem falschen Revisor übergeben und für die mit Europadonna konkurrierende „Stiftung Brustkrebs“ geworben. Sie habe einen Aufruf mit ihrem Namen und dem Zusatz „Europadonna“ unterschrieben.

„Und daraus wird im Nachhinein eine Staatsaffäre gemacht“, staunt Amtsrichterin Marie-Elisabeth Andrae. Klar war, dass die beiden SPD-Frauen so zerstritten sind, dass sie die Briefe nicht mehr mit „Liebe Karin“ und „Liebe Anne“ schreiben. Und einander nicht mehr zuhören können, was der Richterin den letzten Nerv kostete. „Ich wehre mich dagegen, als Parteimieze bezeichnet zu werden, die sich von jungen Männern fremd bestimmen lässt“, empört sich Karin Jöns. „Müssen Sie sich nicht ganz andere Sachen in der Politik anhören?“, staunt die Richterin.

Und obwohl es überhaupt nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens war, deutete Albers dann doch an, dass im Hintergrund des skurrilen Streites ein ernsthafter Konflikt ausgetragen wird: „Europadonna“ sei von Hoffmann-La Roche abhängig, schimpfte sie, werde von dem Pharma-Konzern benutzt. Die „Stiftung Brustkrebs“ dagegen sei sauber, lehne Spenden von Pharma-Konzernen ab. Karin Jöns habe Europadonna für ihre politische Karriere missbraucht - ihre Rolle bei Europadonna habe sie benutzt, um sich eine gute Platzierung auf der Europaliste der SPD zu sichern. Das trägt sich Jöns nach – und macht sie zu verbitterten Gegnerin.

Karin Jöns ist so getroffen durch den Vorwurf, dass sie sich ihrerseits sogar einmal schriftlich dagegen verwahrte, dass sie überhaupt Einladungen der konkurrierenden „Stiftung Brustkrebs“ bekam und die Löschung ihrer Adresse aus dem Verteiler der Konkurrentin forderte.

Dabei hatte Anne Albers vor Jahren die Kandidatur von Karin Jöns für das Europaparlament unterstützt. Inzwischen redet sie denkbar schlecht über Jöns.

Für einen Ausschluss aus dem Verein reichen aber die vorgetragenen Sachverhalte nicht, machte die Richterin deutlich.

Nach 40 Minuten Streit am Richtertisch machte die Vorsitzende dem Prozess dann ein Ende. „Ich hoffe, dass Sie nicht von mir erwarten, dass ich alles, was hier gesagt worden ist, ins Protokoll diktiere“, sagte die Richterin. Und dann diktierte sie den schlichten Satz: „Eine Einigung kam nicht zustande“. Den Streitwert setzte sie dann doch so hoch fest, dass die Parteien die Möglichkeit haben, vor dem Landgericht ihr Vereinsleben fortzuführen.

kawe