Spielraum für Humanität

Terre des hommes verlangt, das Herausreißen von Kindern aus ihren Familien und ihre Abschiebung ins Waisenhaus zu stoppen. Hamburgs Ausländerbehörde aber bleibt hart

Es häufen sich die Fälle, in denen die Ausländerbehörde Kinder aus ihren Familien in Hamburg reißt und in Waisenhäuser im Herkunftsland abschieben lässt. Für heute früh ist die Abschiebung der 14-jährigen Ghanaerin Barbara O. geplant, die hier bei ihrer Mutter lebt und nun ins westafrikanische Land gebracht werden soll. Laut Jochen Menzel von „terre des hommes“ verstößt die Ausländerbehörde dadurch gegen das Grundgesetz und die UN-Kinderrechtskonvention.

Der Fall von Barbara O. ist ähnlich dem der Schwestern Sylvia-Oppong (13) und Gifty (13), über den die taz kürzlich berichtet hatte: Auch sie leben in Hamburg bei ihrer leiblichen Mutter und sollen nun nach Ghana zurück – wo es keine Verwandten gibt, bei denen sie leben können. Das Argument der Ausländerbehörde ist bei allen drei Mädchen gleich: Sie seien illegal nach Hamburg gekommen, wo ihre Mütter bereits seit längerem leben, und hätten dadurch das Recht auf Aufenthalt in der Bundesrepublik verwirkt. „Wenn jemand ohne Visum aus dem Ausland kommt, ist das ausländerrechtlich klar“, so Behördensprecher Norbert Smekal zum Fall von Gifty und Sylvia-Oppong: „Die müssen wieder raus.“

Menzel von „terre des hommes“ aber weist darauf hin, dass die Behörde durchaus einen Ermessensspielraum hat, dass eine Aufenthaltsbefugnis oder zumindest Duldung aus humanitären Gründen in solchen Fällen nicht ausgeschlossen ist. „Was wäre das für ein sozialer Rechtsstaat, der das Kindeswohl und die Familie der gnadenlosen Duldung eines rigiden Ausländerabwehrrechts opfert?“, fragt der Mitarbeiter der Kinderschutzorganisation.

Die beobachtet seit längerem mit Sorge die Trennung von Kindern von ihren Familien und ihre Abschiebung in ein „afrikanisches Heim, von dem die Ausländerbehörde nicht mehr als die Adresse kennt“. Menzel verlangt deshalb von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltsbefugnis aus humanitären Gründen für Barbara O. „und für alle Minderjährigen in derselben Situation“. ELKE SPANNER