Historisch korrekt

Das Doku-Drama „Die Stunde der Offiziere“ (20.15 Uhr, ZDF) bebildert das Hitler-Attentat von 1944 – mehr nicht

Was am 20. Juli 1944 geschah, ist hinlänglich bekannt. Wir wissen, dass Stauffenberg die zweite Bombe nicht zündete und das Attentat auf Hitler in der Wolfsschanze deshalb fehlschlug. Wir wissen, wie die Hoffnung der Widerständler, den Staatsstreich doch noch verwirklichen zu können, an diesem Tag verglomm, und der Aufstand mit der Hinrichtung Stauffenbergs im Bendlerblock endete. Warum noch ein Film über den 20. Juli? Genau diese Frage kann „Die Stunde der Offiziere“ nicht beantworten.

Der Regisseur Hans-Erich Vieth, der Autor Hans-Christoph Blumenberg und der im ZDF unvermeidliche Haushistoriker Guido Knopp haben die Form der Dokufiction gewählt, auf die sich Heinrich Breloer bekanntlich handwerklich perfekt versteht. Doch hier entsteht, anders als bei guten Breloer-Filmen, kein Dialog zwischen Spiel- und Dokuszenen. Das mag daran liegen, dass die Autoren meist auf Archivmaterial von Zeitzeugen zurückgreifen mussten. Das Ergebnis ist: Aus Spiel- und Dokuszenen wächst kein eigener Rhythmus – die Beiträge der Zeitzeugen verkümmern zu Authentizitätsgesten, die bekräftigen, woran niemand zweifelt – dass all dies auch wirklich passiert ist.

Das Kernproblem ist freilich, dass „Die Stunde der Offiziere“, wie schon Jo Baier in dem Spielfilm „Stauffenberg“, sklavisch bebildert, was geschehen ist – und mehr nicht. Der 20. Juli geht aber in der Schilderung der Ereignisgeschichte, die hier kreuzbrav nacherzählt wird, nicht auf.

Der Off-Kommentar informiert uns historisch korrekt darüber, dass manche Widerständler selbst Täter der Vernichtungspolitik der Nazis waren. Aber wie wurden sie von Nazis zu Widerständlern? Wie viel humanistische Moral, wie viel preußischer Ehrbegriff, wie viel Versuch vor allem anderen die Kapitulation Deutschlands zu verhindern steckte in dieser Tat? „Die Stunde der Offiziere“ verschweigt diese Motive keineswegs. Sie werden von verschiedenen Akteuren ordnungsgemäß vorgetragen – und abgehakt. Keine Deutung, nur Darstellung. Das ist zu wenig.

Nichts erfährt man schließlich über Stauffenbergs geistige Herkunft aus dem George-Kreis, nichts über Mitverschwörer wie den Sozialdemokraten Julius Leber. Nichts darüber, dass die Offiziere auch an ihrer Zögerlichkeit scheiterten – und nicht nur an Bomben, die nicht explodierten.STEFAN REINECKE