Sieg für Adamkus

Das knappe Ergebnis der Präsidentschaftswahl in Litauen zeigt ein gespaltenes Land. Soziales im Mittelpunkt

STOCKHOLM taz/afp ■ Nach eineinhalbjähriger Unterbrechung kehrt Valdas Adamkus für eine zweite Wahlperiode ins Amt des litauischen Staatspräsidenten zurück. Der 77-Jährige, der 1949 in die USA emigriert und Mitte der Neunzigerjahre nach Litauen zurückgekehrt war, besiegte am Wochenende in einer Stichwahl die ehemalige Ministerpräsidentin Kazimiera Prunskiene knapp mit 51,6 zu 46,9 Prozent der Stimmen.

Das Wahlergebnis weist große regionale Unterschiede auf. Adamkus gewann die Wahl dank massiver Unterstützung von knapp 70 Prozent in der Universitätsstadt Kaunas, der zweitgrößten Stadt des Landes. In der Region der Hauptstadt Vilnius kam er aber nur auf 24 Prozent und im ländlichen Nordosten auf teilweise weniger als 10 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 52,38 Prozent.

„Litauen ist heute ein viel tiefer gespaltenes Land als zu Beginn der Neunzigerjahre“, kommentiert Rimvydas Valatka, Redakteur der Tageszeitung Lietuvos Rytas, diese Entwicklung. „Vierzig Prozent der Bevölkerung haben sich an die neue Wirklichkeit einer Marktwirtschaft angepasst, der Rest lebt in der kommunistischen Vergangenheit und meint, diese sei besser gewesen.“ Die großen sozialen Gegensätze hätten das Feld für populistische PolitikerInnen vorbereitet.

So führte Prunskiene, die von dem abgesetzten Präsidenten Rolandas Paksas unterstützt wurde, ihren Wahlkampf mit dem Versprechen steigender Löhne und Pensionen sowie niedrigerer Energiepreise. Auch Adamkus bemühte sich um ein soziales Profil, wurde aber laut Umfragen vor allem gewählt, weil er als Garant einer prowestlichen Politik angesehen wird. Prunskiene hatte dagegen für verstärkte Zusammenarbeit mit Moskau plädiert. Setzt sich die nun sichtbar gewordene Spaltung fort, steht für Valatka bei den Parlamentswahlen im Herbst „die politische Stabilität des Landes auf dem Spiel“.

Der von rechten und konservativen Gruppierungen unterstützte parteilose Adamkus war bereits von 1998 bis Januar 2003 litauisches Staatsoberhaupt. Er führte den baltischen Staat zur EU- und Nato-Mitgliedschaft. Die Präsidentschaftswahl war vorgezogen worden, nachdem das Parlament Paksas Anfang April wegen Korruption und Verstoßes gegen die Verfassung abgesetzt hatte. REINHARD WOLFF