Dürre schürt Angst vor neuer Wirtschaftskrise

Der Westen der USA leidet unter einer historischen Trockenheit, die Existenzen, Umwelt und Wirtschaft bedroht

WASHINGTON taz ■ Der Westen der USA erlebt die schwerste Dürre seit der Besiedlung der neuen Welt. Die seit sechs Jahren anhaltende Trockenheit bedroht die Wasserversorgung der amerikanischen Wachstumsregion Nummer eins, schädigt Land- und Bauwirtschaft sowie Tourismus.

Das Colorado-River-Becken, wichtigste Wasserversorgung von sieben Bundesstaaten und der Millionenstädte Los Angeles, Phoenix und Las Vegas, ist nach Angaben von Hydrologen trockener als bei der letzten Dürre diesen Ausmaßes im Jahre 1590. Der Abfluss sei um die Hälfte geringer als zur Zeit des „Dust Bowl“ in den 1930er-Jahren, jener verheerenden Trockenheit im Mittleren Westen, die weite Teile der Landwirtschaft ruinierte und die Wirtschaftsdepression forcierte. Drei Jahre nacheinander erlebte die Region nun Rekordtemperaturen.

Nach Angaben des Drought Monitor, einem wöchentlichen Dürre-Barometer des Nationalen Wetterservice, ist keine Linderung in Sicht. Auch für den Sommer wurde erneut eine ungewöhnliche Hitzeperiode vorhergesagt. Die Lebensadern dieser in weiten Teilen Steppen- und Halbwüstenlandschaft sind riesige Stauseen wie der künstliche Lake Powell in Utah, die vom Austrocknen bedroht sind. Aufgrund der extremen Dürre sind bereits die Hälfte aller Weideflächen in den Bundesstaaten Kalifornien, Wyoming, Colorado und New Mexico vertrocknet.

In Montana, wo die Rinderzucht einen Hauptwirtschaftszweig bildet, macht sich Angst vor einer Krise breit. Farmern droht der Bankrott, da kein Wasser mehr zu den Viehtränken fließt. Geht es mit der Viehzucht bergab, hat dies Konsequenzen für die gesamte ökonomische Infrastruktur. „Die Farmer hier haben die letzten fünf Jahre ihr ganzes Kapital in immer aufwändigere Bewässerungsanlagen gesteckt“, sagt Dennis Miotke, der für das Wassermanagement des Clark-Canyon-Stausees zuständig ist. „Wenn jedoch das Wasser verebbt, ist es so, als ob man eine Bank ohne Geld führen will.“

Der Wassermangel zwingt die Stadtverwaltungen zum Handeln. Die 1,2 Millionen Einwohner von Denver dürfen nur noch zweimal die Woche den Rasen sprengen. Las Vegas, die am schnellsten wachsende US-Metropole, erwägt, Ende des Jahres den Notstand auszurufen. In Arizona und New Mexico bahnt sich ein „Wasserkrieg“ zwischen Farmern und Kommunen an. In manchen Kommunen wurde der Bau von Wohnsiedlungen gestoppt.

Die Trockenheit hat überdies eine Borkenkäferplage bislang unbekannten Ausmaßes ausgelöst. Ansonsten immergrüne Wälder in Kalifornien sind nunmehr braun gefärbt. Millionen von Bäumen müssen gefällt werden. Umweltexperten fürchten, dass viele Ökosysteme ausgelöscht werden.

Obwohl Wissenschaftler mittlerweile erklären können, wodurch Dürren entstehen, sind sie nicht in der Lage, ihre Dauer vorherzusagen. „Ein Jahr, ein Jahrzehnt oder gar ein Jahrhundert?“, sagt Dave Schimmel vom National Center for Atmospheric Research in Boulder, Colorado. „Wir können diese Frage nicht beantworten.“ MICHAEL STRECK