SPD will jetzt noch optimaler werden

Mit origineller Wortwahl redet der Generalsekretär das Verhältnis zur Gewerkschaft schön: Ist es nur gespannt oder schon zerrüttet? Wirtschaftsminister Clement droht mit Rücktritt, falls Reform des Arbeitsmarktes im Vermittlungsausschuss scheitert

VON ULRIKE WINKELMANN

Die SPD macht ihre Arbeit so gut, dass sie es nur noch mit den Steigerungsformen von „optimal“ beschreiben kann. SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter erklärte gestern, bei offenen Fragen sowohl zur Arbeitsmarktreform als auch zur Finanzierung des Zahnersatzes gehe es nur noch darum, „optimalere Lösungen“ für die Umsetzung zu finden. Damit könne dann der „optimalste Weg“ beschritten werden. Diese Optimalisierung sei der Inhalt der von Parteichef Franz Müntefering angekündigten „Akzentuierungen“ des Sozialab- und Umbauprogramms „Agenda 2010“.

Demnach wird es seitens des SPD-Präsidiums, für das Benneter sprach, keine Zugeständnisse bei der Arbeitsmarktreform „Hartz IV“ geben. Gleich lautend mit dem Regierungssprecher Hans Langguth und in Anlehnung an die Äußerungen des Kanzlers vom Wochenende warf Benneter den Gewerkschaftsführern, die eine Abmilderung von „Hartz IV“ fordern, mangelnden Realitätssinn vor.

Um konkrete Forderungen geht es im Verhältnis zwischen Gewerkschaften und SPD spätestens seit dem Wochenende nicht mehr, sondern um Strategie: Ist das Verhältnis schon zerrüttet oder doch erst gespannt? Kann es wirklich im Sinne der Gewerkschaftsbosse sein, der CDU an die Regierung zu verhelfen? Unter einer Unionsregierung könnten die Gewerkschaften zwar ihre eigenen Anhänger besser mobilisieren. Sonst hätten sie freilich im Politikgeschäft rein gar nichts mehr zu melden.

Dafür, dass auch Rot-Grün wenig genug auf die Gewerkschaftsmeinung gibt, hat sich als Erster Frank Bsirske gerächt, der Chef der größten Einzelgewerkschaft. Er hielt Kanzler Gerhard Schröder (SPD) in der Welt am Sonntag vor, was eigentlich selbstverständlich ist: Gemessen am eigenen Anspruch, Arbeitslosigkeit abzubauen, die Konjunktur anzukurbeln und für die SPD Mehrheiten zu gewinnen, sei Schröder gescheitert.

Der Chef des Gewerkschafts-Dachverbands DGB, Michael Sommer, bekagt sich schon länger über den Abstand zwischen SPD und Gewerkschaften, der durch die Agenda 2010 entstanden ist. Von den Arbeiterorganisationen sind gegenwärtig nur noch die Chemiegewerkschaft IG BCE, die Nahrungsmittel-Gewerkschaft NGG und die Bahngewerkschaft Transnet auf Agenda- und Kanzlerkurs.

Nun, das seien doch immerhin einige, erklärte Benneter gestern. Er verwies darauf, dass der SPD-Gewerkschaftsrat am kommenden Montag über die „strategische Ausrichtung“ reden werde, „worauf die Angriffe auf die SPD hinauslaufen sollen“. Am Donnerstag sollen Müntefering und Sommer diese Sitzung vorbereiten, an der nur die SPD-Mitglieder unter den Gewerkschaftern teilnehmen. Bsirske gehört als Grüner freilich nicht dazu. Ihn zu kritisieren, übernahm gestern Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. Der sagte der Berliner Zeitung: „Mit dieser Attacke hat Herr Bsirske den Mund eindeutig zu voll genommen“.

Ob die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe überhaupt wie geplant ab dem 1. 1. 2005 anlaufen kann, darüber wird am Mittwoch der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat entscheiden. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement lud diesen Termin gestern schon einmal mit einer angedeuteten Rücktrittsdrohung auf. „Wenn das scheitert, dann bin ich gescheitert“, sagte er.

Es oblag Benneter, hier ein Hintertürchen zu finden. Clement habe „sicherlich von 2006 gesprochen, wenn Bilanz gezogen wird“. Regierungssprecher Langguth erklärte dagegen, es habe sich gar nicht um eine Rücktrittsdrohung gehandelt.