Der Neue Markt hat viel bewirkt

Trotz aller Kritik in der Schlussphase: Viele Wachstumsunternehmen fanden ihre Anleger

Ohne großen Nachruf ist vor einigen Monaten das Börsensegment Neuer Markt in der Versenkung verschwunden (s. taz vom 24. März). Er hatte es nicht leicht, und ihm ist böse mitgespielt worden. Am Anfang stand die kritische Frage, weshalb überhaupt ein weiteres, ein viertes Börsensegment, neben dem Freiverkehr, dem Geregeltem Markt und dem amtlichem Handel, gebraucht würde. Und am Ende war der Neue Markt übel beleumdet. Einerseits bei den Anlegern, weil sie bei vielen Unternehmen ihr Geld verloren und weil viele krumme Machenschaften das Image des Markts zerstörten. Bei den Unternehmen war er uninteressant geworden, weil er durch die Verweigerung der Anleger seiner Finanzierungsfunktion nicht mehr nachkam.

Trotz alledem gibt es einige, die gerade diesem Börsensegment einen Durchbruch in der noch jungen und nicht gefestigten deutschen Aktienkultur zuschreiben. Gemeint sind nicht die wenigen Anleger, die die vorübergehende Kurseuphorie konsequent zu Gewinnmitnahmen nutzten, sondern die vielen jungen und redlichen Unternehmen, die am Neuen Markt ihre Finanziers, also risikobereite Anleger, gefunden haben. Das hat – daran erinnert das Deutsche Aktieninstitut (DAI) – viele Unternehmen im Lande gehalten.

Vielleicht wären viele Missverständnisse gar nicht erst entstanden, wenn man das neue Finanzierungskind von vornherein „Wagnisbörse“ genannt hätte. Doch kann das Serviceunternehmen Börse für solche Handelsveranstaltungen immer nur den zeit- und anlegergerechten Rahmen liefern; eine qualitative Kontrolle der an die Börse strebenden Unternehmen kann der Veranstalter nicht vornehmen. Misstrauisch gewordene Anleger werden die Entwicklung kritisch verfolgen. BRUNO HIDDING