1 Amerikaner ist schon weg

US-Zivilverwalter Paul Bremer übergibt die Geschäfte im Irak an eine Interimsregierung und fliegt überstürzt in die Heimat. Doch die Selbstständigkeit hat Grenzen: 149.000 ausländische Soldaten bleiben. Was sie tun, geht die Irakis nichts an

BERLIN taz ■ Paul Bremer, seit einem Jahr oberster US-Verwalter des Irak, hat das Land verlassen. Noch gestern Vormittag bestieg er in Bagdad ein Flugzeug in Richtung Heimat, nachdem er zuvor die Geschäfte an die neue irakische Interimsregierung übergeben hatte. Ehe er irakischen Boden verließ, sagte Bremer: „Nun, da ich Irak verlasse, bin ich zuversichtlich, was seine Zukunft angeht.“ Wichtigster Diplomat Washingtons in Bagdad ist künftig John Negroponte, Chef der neuen und mit 3.000 Mitarbeitern weltweit größten US-Botschaft.

Die Übergabezeremonie, die offiziell für Mittwoch angesetzt war, wurde angeblich aus Sicherheitsgründen um zwei Tage vorgezogen und fand gestern Morgen pünktlich zum Auftakt des Nato-Gipfels in Istanbul statt. Sie wurde im kleinsten Kreis – die Rede ist von sechs oder sieben Personen – im Hauptquartier der Besatzungstruppen abgehalten. Anschließend wurde die neue Regierung vereidigt.

Die „Souveränität“ der neuen Regierung unterliegt freilich deutlichen Einschränkungen. Zum einen sind da die 149.000 Truppen der Besatzungskoalition, die nun mit UN-Mandat weiter im Lande bleiben werden. Gemäß der UN-Resolution 1546 muss die irakische Führung bei Angriffsoperationen der Truppe zwar konsultiert werden. Ein Vetorecht hat die Regierung aber nicht.

Zum anderen sind Amtszeit und Kompetenzen der neuen Führung beschränkt: Die Regierung soll nur so lange im Amt bleiben, bis Anfang 2005 ein Übergangsparlament vom Volk gewählt wird. Änderungen an der Übergangsverfassung darf sie nicht vornehmen.

Und schließlich hat Bremer zuletzt noch 98 „rechtsverbindliche Dekrete“ erlassen, die Politik, Wirtschaft und Justiz regeln sollen. Die wichtigsten Aufgaben der Interimsregierung werden die Wiederherstellung der Sicherheit und die Organisierung der Wahlen sein. Vor allem an Ersterem werden die Iraker sie messen.

Das Vorziehen der Machtübergabe begann offenbar mit einer Panne: Bekannt wurde die Zeremonie gestern Morgen durch den irakischen Außenminister Hoschiar Sebari in Istanbul, der zuvor ein Gespräch mit den britischen Regierungschef Tony Blair geführt hatte. Mit der Enthüllung des Plans habe Sebari Blair sichtlich überrascht, berichtete der britische Sender BBC. Ursprünglich sollte die Nachricht in Bagdad bekannt gemacht werden. BEATE SEEL

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