michael rensing
: Der Verdränger

Im Herbst, als es schon einmal nicht gut um ihn stand, da kursierte auf einmal eine Nachricht, die verdächtig nach Verrat tönte: „Hoeneß: Rensing wird Lehmann-Nachfolger.“ Damals konnte man sich mit Recht fragen, warum der gute Hoeneß Rensing nach so kurzer Zeit ausgerechnet an den VfB Stuttgart abschieben will. Doch dann klärte die Nachricht auf, dass Michael Rensing, der Torhüter des FC Bayern, überhaupt nicht zu Disposition stünde und Hoeneß das Nationalteam meinte, wo seinerzeit René Adler die Lehmann-Nachfolge angetreten hatte.

Sie meinen es gut mit ihm, die Bayern. Doch es nützt nichts. Rensing ist vermutlich der schwächste Bayern-Keeper seit Walter Junghans, der heute sein Trainer ist und über den Sepp Maier kalauerte: „Bei mir wird Junghans zum Althans.“ Der Qualitätsabfall ist deshalb signifikant, weil die Münchner jahrzehntelang Keeper unter Vertrag hatten, die zur absoluten Weltspitze zählten. Maier begründete die Tradition der Außergewöhnlichen, die vom Belgier Jean-Marie Pfaff eindruckvoll fortgeschrieben wurde. Der alternde Toni Schumacher gab hier ein spätes Gastspiel und mit Oliver Kahn regierte der fleischgewordene Schrecken aller Angreifer.

Am Freitag wehrte Rensing einen Schuss des Hamburgers David Jarolim nach vorn ab: Mladen Petric verwandelte die Vorlage. Und er verschätzte sich bei einem Kick von Petric, der an den Außenpfosten klatschte. München verlor 0:1. Man wolle jetzt nicht jedes Gegentor unter dem Gesichtspunkt Torhüter analysieren, sagte ein milde gestimmter Hoeneß. Die spielentscheidenden reichen freilich, um wehmütige Erinnerungen an den „Titanen“ aufkommen zu lassen, der dem jungen Rensing ein sehr schweres Erbe hinterließ. Rensing fabulierte sich nach dem Schlusspfiff eine Verkettung unglücklicher Umstände zusammen, an deren Ende ein machtloser Torwächter stand: „Aber es ist klar, dass jetzt wieder irgendeiner kommt.“ Und Schlechtes über ihn rede, meinte er wohl.

Ein guter Keeper müsse verdängen können, sagte Toni Schumacher einmal; er solle den Fehler zumindest öffentlich nie bei sich suchen. Insofern wäre es falsch, Rensing verfrüht abzuschreiben. Und falls Jens Lehmann doch nicht mehr will, können sie ihn ja erst mal nach Stuttgart ausleihen. STEFAN OSTERHAUS