Freispruch für Arzt

1.000 Euro in Medizinertasche könnten ein sehr ungewöhnlicher Zufall sein. Staatsanwalt will Berufung

bremen taz ■ Reglos nahm der angeklagte Mediziner gestern seinen Freispruch auf. An drei Verhandlungstagen hatte das Bremer Amtsgericht zuvor Zeugen gehört und die merkwürdigen Umstände des angeklagten Diebstahls von rund 1.000 Euro aus der Wohnung einer Verstorbenen zu ergründen versucht. Am Ende war Richter Jens Lohmann so schlau wie zuvor: „Ich bin nicht zu der Überzeugung gekommen, dass der Angeklagte es nicht war“, formulierte er vorsichtig. Allerdings sei er eben auch nicht sicher, dass der Angeklagte das von der Polizei bereits sichergestellte Geld sowie eine weitere Geldbörse und ein Adressbüchlein bewusst in die eigene Medizinertasche gleiten ließ. So hatte es der Staatsanwalt vorgetragen. Also gelte: „Im Zweifel für den Angeklagten.“ Der Staatsanwalt legte umgehend Berufung ein.

„Es war eben keine gute Gelegenheit“, hatte der Richter zuvor seinen Freispruch begründet. Im Gegenteil habe der angeklagte Mediziner des Beweisärztlichen Sicherungsdienstes, einer privaten Abteilung des Rechtsmedizinischen Instituts, doch mit seiner Entdeckung rechnen müssen. Es habe doch die Polizeikamera auf dem Beutelchen gelegen, aus dem das Geld unbemerkt und ohne aus einer Plastikhülle zu rutschen, in die Medizinertasche gefallen sei. Gefallen sein muss – so hatte die Verteidigung argumentiert. Nicht wirklich zufällig gefallen sein kann – so die Anklage zu der im wahrsten Sinne „unglaublichen Verkettung seltsamer Zufälle“.

Die räumte gestern auch der Richter ein: „Es gab ein bisschen viel Verkettung.“ Doch gebe es auch kein Motiv für eine Tat. Das Konto des erwerbstätigen Beklagten habe ein Plus ausgewiesen. „Zu unklug“ wäre es doch gewesen, da Geld zu stehlen. Niemand anders wäre als Verdächtiger in Frage gekommen. Auch die Lebensumstände und die Persönlichkeit des Angeklagten sprächen nicht für eine Tat. „Der Presserummel und das alles – für einen Wochenlohn? Unvorstellbar.“ ede