Zickige Pauschalvorwürfe

betr.: „Die Angst des Entertainers“ von Robert Koehler, taz (Kultur) vom 24. 6. 04

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, hier schreibt ein beleidigter Cineast, der es nicht ertragen kann, das der Juryleiter von Cannes „Fahrenheit 9/11“ tatsächlich für den besten Film hält. Köhler zieht sich stattdessen auf ebenso unhaltbare wie zickige Pauschalvorwürfe zurück: „Schlechtes Handwerk, schwache Beweise, noch schwächere Recherche“.

Dabei lässt Robert Koehler jegliches Gespür für das aktuelle Umfeld und den Anspruch des Filmes vermissen: Moore hat erklärtermaßen keine feinsinnige soziologische Meditation produziert, sondern einen Film, dessen Aufgabe es ist, zur Abwahl von George W. Bush beizutragen. Der inhaltliche Anspruch des Films zielt auf amerikanische Durchschnittswähler, denen viele Zusammenhänge eben nicht so klar sein dürften wie „Mr. Know-it-all“ Robert Koehler. Gleichzeitig muss Moore vorsichtig argumentieren, weil eine Armada republikanischer Anwälte bereitsteht, „Fahrenheit 9/11“ auch nur beim kleinsten sachlichen Fehler in der Luft zu zerreißen. Offensichtlich missfällt Robert Koehler auch die Ästhetik des Films. Was aber ist so schlimm daran, dass das Produkt mehr MTV und weniger Godard ist? Moore hat sein Handwerk in den 90er-Jahren eben überwiegend mit seinen satirischen Fernsehmagazinen entwickelt – und nicht mit Low-budget-Kurzfilmen. Aufwachen, Herr Koehler! Michael Moore ebnet vielleicht einer neuen Generation von Dok-Filmern den Weg, die mehr mit ihren Filmen wollen, als gepflegte Kunstgespräche. Und es könnte noch schlimmer kommen: am Ende gelingt es Moore gar, den Dokumentarfilm aus den Krallen kunstverliebter, komatöser Cineasten zu befreien … TARIK AHMIA, Berlin

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