Weiter kein Kopftuch in türkischen Unis

Europas Menschenrechtsgerichtshof lehnt Studentinnenklage ab. Trennung von Religion und Staat als „legitimes Ziel“

FREIBURG taz ■ Das Kopftuchverbot an türkischen Universitäten ist zulässig. Das entschied gestern der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Damit scheiterten die Klagen von zwei türkischen Studentinnen. Theoretisch ist noch ein Rechtsmittel bei der Großen Kammer des Gerichtshofs möglich, dies dürfte jedoch wenig Erfolg versprechend sein, da die gestrige Entscheidung der Kleinen Kammer einstimmig fiel.

Geklagt hatten die 1973 geborene Medizinstudentin Leyla Sahin aus Istanbul und eine Kommilitonin, die ihre Klage jedoch kürzlich ohne Begründung zurückzog. Sie wandten sich gegen das Verbot, an türkischen Hochschulen Kopftücher zu tragen. Dies beeinträchtige die in der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierte Religionsfreiheit und diskriminiere gläubige gegenüber nicht-gläubigen Studierenden.

In Straßburg hatte Sahin mit dieser Klage aber keinerlei Erfolg. Der Eingriff in die Religionsfreiheit der Studentinnen sei durch türkisches Verfassungsrecht gerechtfertigt. Die strenge Trennung zwischen Staat und Religion verfolge „legitime Ziele“, insbesondere den Schutz des demokratischen Systems und der Rechte von Frauen. Die Richter erinnerten daran, dass es in der Türkei „extremistische“ Bewegungen gäbe, die versuchten, einen religiös dominierten Staat zu schaffen, und dass in diesem Kontext auch das Kopftuch politische Bedeutung erlangt habe. Die Türkei durfte daher zum Schluss kommen, so die sieben Richter unter Vorsitz des Briten Nicolas Bratza, dass das Kopftuchverbot „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ sei.

Dies heißt nun aber nicht, dass alle 45 Staaten des Europarats an ihren Unis ebenfalls das Kopftuch bannen müssten. Das Urteil deutet jedoch darauf hin, dass auch das im März beschlossene Kopftuchverbot an französischen Schulen den Straßburger Segen finden würde.

Für Deutschland hat das Urteil keine direkten Auswirkungen. Bei uns wird derzeit vor allem über das Kopftuch bei Lehrkräften gestritten. Erst vorige Woche hat das Bundesverwaltungsgericht im Fall der Lehrerin Fereshta Ludin ein Verbotsgesetz aus Baden-Württemberg für zulässig erklärt. Schülerinnen und Studentinnen unterliegen bis jetzt keinen Restriktionen.

Dass Lehrerinnen das Kopftuch verboten werden kann, hat Straßburg bereits im Februar 2001 entschieden. Ein derartiges Verbot könne der „Wahrung des Religionsfriedens“ an der Schule dienen, hieß es. CHRISTIAN RATH