Falsche Polizisten im Bordell

Vier Männer stehen vor Gericht, weil sie als angebliche Polizisten Razzien in Bordellen gemacht haben sollen. Hauptangeklagter beruft sich auf Psychose: Er glaubte an Auftrag vom Innenminister

von NICOLAI KWASNIEWSKI

Zu viert fuhren sie vor. Zehnmal klopften sie im Januar an die Türen von Bordellen in Spandau, Prenzlauer Berg und Moabit. Mal wollten die Fahnder in Zivil Ausweise und Aufenthaltsgenehmigungen der Prostituierten überprüfen, mal suchten sie nach Drogen. Zum Beweis zeigten sie ihre Dienstausweise – nur die waren gefälscht. Und die vier Männer auch gar keine Polizisten. Während einer auf die Prostituierten aufpasste, durchsuchten die anderen die Zimmer nach Geld und Wertsachen. 4.600 Euro und mehrere Mobiltelefone erbeutete die Bande.

Am 1. Februar fiel der Polizei ein BMW auf, der ständig vor dem Bordell hin- und herfuhr. Bei der Kontrolle fanden sie die falschen Dienstausweise, Masken und Messer und nahmen die Männer fest. Gestern begann vor dem Landgericht der Prozess gegen die vier 26 bis 33 Jahre alten falschen Polizisten und zwei weitere 37- und 50-Jährige, die die Ausweise gefälscht haben sollen.

Der 32-jährige Hauptangeklagte Heiko M. sagt, er habe geglaubt, aus dem Innenministerium den Auftrag bekommen zu haben, die Bordelle zu kontrollieren und auf Drogen zu überprüfen. Ein Mann aus dem Ministerium habe in seinem Zimmer gesessen und ihm den Auftrag gegeben. Heute wisse er, dass alles nur in seinem Kopf war – „eine Psychose“. Schon früher habe er Stimmen gehört und sei seit sieben Jahren in psychiatrischer Behandlung. Seinen Komplizen habe er das aber nicht erzählt. Die geben als Motivation Arbeitslosigkeit oder Geldmangel an.

Der Angeklagte Sven W. sagt, die Arbeit auf dem Bau sei sehr hart und „die Versuchung war zu groß“, nebenbei leichtes Geld zu verdienen. Er habe sich aber mit den Bordellkontrollen keine „Einnahmequelle von Dauer“ schaffen wollen, wie es in der Anklage heißt.

Sein Bruder, Daniel W., hat bereits bei seiner Festnahme ein umfangreiches Geständnis abgelegt, er sei „froh gewesen, dass die ganze Scheiße vorbei war“. Seiner Aussage nach habe Heiko M. ihm und seinem Bruder den Auftrag geben wollen, ein Bordell zu überfallen, um dem „Dicken“ einen Gefallen zu tun. Der besäße ein Bordell in derselben Gegend und habe die Konkurrenz ausschalten wollen.

Der „Dicke“ ist der mitangeklagte mutmaßliche Ausweisfälscher Wolfgang S., der sich gar nicht äußert. Die restlichen Bordelle habe Heiko M. einfach aus der Zeitung gesucht, schließlich stünden die in „jedem Kurier, jeder B.Z. drin“.

Drei der Angeklagten sollen zudem im Juli 2002 eine Frau ausgeraubt haben, die kurz zuvor im Kasino am Potsdamer Platz 70.000 Euro gewonnen habe. Heiko M. gab zu, die Frau beobachtet zu haben und ihr mit den Komplizen im Auto gefolgt zu sein. Die Männer hätten ihr am Tempelhofer Ufer die Tasche mit dem Geld aus dem Fahrradkorb genommen. Die Frau hat sich bis heute nicht gemeldet. Der Prozess wird am kommenden Montag fortgeführt.