„Deine Wohnung steht unter Wasser“

Die Degewo lässt Wohnungen in der Schlangenbader Straße im Schnellverfahren sanieren. Ein Albtraum für die Mieter

„Nächste Woche muss ich arbeiten. Ich habe keine Ahnung, wie ich das machen soll. Ich weiß ja nicht, was mich erwartet, wenn ich nach Hause komme.“ Bernd Schulzes Wohnung und 93 weitere in der Degewo-Anlage an der Schlangenbader Straße in Wilmersdorf werden gerade saniert. Sie bekommen neue Bäder, und die Rohre werden ausgewechselt, nachdem sie in den letzten Jahren vermehrt zu Bruch gegangen waren. Eigentlich sollte Schulze sich also freuen. Zum Krach der Autobahn A 104, über die sich die 600 Meter lange Anlage mit ihren 1.700 Wohneinheiten spannt, kommt zwar der Baulärm. Aber das ist kein Drama. Dachte er zumindest – bis ihn seine Nachbarin Susanne Bauer anrief: „Deine Wohnung steht unter Wasser.“

Die Handwerker hatten den Haupthahn wieder aufgedreht, aber nicht kontrolliert, ob in der Einzimmerwohnung auch alles dicht ist. Schulze steht fassungslos zwischen seinen aufgequollenen Möbeln. Sein Nachtquartier hat er auf der Couch aufgeschlagen. Eigentlich wollte er für die Dauer der gröbsten Arbeiten bei seinen Eltern wohnen. Jetzt bleibt er lieber zu Hause – wer weiß, was noch alles passiert. Inzwischen haben die Sanierer sein Bad in Angriff genommen. Eigentlich hätte nur der Hahn ausgewechselt werden müssen, aber es wird komplett neu gefliest. Nur dumm, dass jetzt die Nässe des Estrichs durch die Flurwand dringt. Die Arbeiten am Bad seines Nachbarn hinterließen tiefe Risse in der Wand.

Die Degewo-Mitarbeiter interessiere die Mängel der Sanierung nicht. „Bei den Bauabnahmen funktioniert das so: Der Ingenieur spielt den Guten, der Mann von der Degewo den Bösen und wiegelt ab“, sagt Susanne Bauer. Sie wirkt resolut und führt „schon mal einen Tanz auf“, wenn die Handwerker alte Steckdosen einbauen wollen oder schlampig lackieren. Trotzdem habe sie inzwischen resigniert. „Überall wird man verwiesen und kriegt nur ein Schulterzucken.“ Auch die 82-jährige Hildegard-Marlene Honsel ist mit den Nerven runter. Für den gröbsten Teil der Sanierung zog sie in eine Gästewohnung der Degewo. Als sie zurückkam, war trotz Staubschutzwänden ihr Schlafzimmer völlig verdreckt. „Ich war fix und fertig“, sagt die alte Dame. Die Degewo versprach zwar, jemanden zum Putzen schicken – aber es passierte nichts.

Degewo-Sprecherin Erika Kröger zeigt Verständnis für die Wut der Mieter: „Große Sanierungen sind eine heikle Sache, die für die Menschen viel Stress bedeuten.“ Andererseits: „Wenn sie aber dann ihre gerichteten Wohnungen beziehen, ist die Aufregung schnell vergessen.“ Man habe sich bewusst für eine dreimonatige Schnellsanierung der 23 Jahre alten Anlage entschieden. Damit sei man in der Vergangenheit besser gefahren als mit langwierigen Einzelschritten, außerdem sei es auch billiger.

Otto Bertz, Geschäftsführer der Baufirma HVT Potsdam, die die Sanierung durchführt, sieht die Beschwerden gelassen. „Die Mieter wurden ja nicht gefragt. Klar, dass die zum Teil sauer sind, und unsere Leute sind auch mal schlecht gelaunt.“ Da könne es schon mal passieren, dass ein Monteur einen lockeren Spruch draufhabe. Auch müsse man den Mietern nicht alles glauben.

Genau das bringt Susanne Bauer auf die Palme: „Alle schieben die Verantwortung von sich, wir werden nicht ernst genommen, und dann müssen wir uns auch noch die Wohnung demolieren lassen.“ STEFFEN BECKER