Drogen nicht mehr vom Dealer

Volker Ratzmann (Grüne) will, dass Berlins Apotheker in einem Feldversuch Cannabis verkaufen. Martin Lindner (FDP) fordert Coffeeshops wie in den Niederlanden. Im taz-Interview erzählen die Fraktionsvorsitzenden von eigenen Drogenerfahrungen

von ROBIN ALEXANDER

Die Vorsitzenden der Abgeordnetenhausfraktionen von Grünen und FDP fordern eine Legalisierung weicher Drogen. Volker Ratzmann (Grüne) wirbt für einen Feldversuch zur kontrollierten Abgabe von Cannabis in dieser Stadt: „Berlin wäre der ideale Ort für diesen Versuch, denn hier hätten wir das notwendige Potenzial aufgeschlossener Apotheker und eine Konsumentenstruktur, die das Ganze tragen würde.“ Dieses Modell wäre im Rahmen des geltenden Betäubungsmittelgesetzes durchführbar, wenn es wissenschaftlich begleitet wird. Ratzmann begründet seinen Vorstoß mit der hohen Belastung der Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft durch die Ermittlung gegen Konsumenten weicher Drogen: „Die Verfolgung von Cannabis-Usern ist eine völlig unsinnige Vergeudung der teuren Ressource Justiz.“

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Lindner möchte hingegen das Betäubungsmittelgesetz ändern. Lindner: „Ich möchte einen entsprechenden Antrag auf der Bundesebene unserer Partei stellen. Ich bin sicher, dass sich in der FDP letztlich eine Mehrheit für die Legalisierung von Cannabisprodukten findet.“ Der jetzige Zustand – der Konsum von Cannabis ist illegal, bei Besitz von bis zu sechs Gramm werden die Verfahren jedoch in der Regel eingestellt – sei untragbar, so Lindner: „Da macht der Staat sich lächerlich. Letztlich dient das Gesetz nur noch dazu, dass sich die Dealer bereichern.“ Sein beabsichtigtes Engagement begründet Lindner mit der Sorge um seine minderjährigen Söhne: „Heutzutage gibt es Drogen schon in der Grundschule.“ Deshalb, so Lindner, wäre es ihm lieber, „wenn eine Droge wie Cannabis, die seit dreißig Jahren an Schulen präsent ist, in einem Coffeeshop gekauft werden kann und nicht bei einem Drogendealer, der noch ganz andere Sachen im Repertoire hat.“

Im Interview mit der taz berichten beide Politiker zudem von ihren eigenen Drogenerfahrungen. „Natürlich habe ich schon einmal gekifft“, gibt Ratzmann zu. „Aber heute genieße ich lieber ein Glas Rotwein als einen Joint.“ Im nichtverjährten Zeitraum habe er nicht mehr „gekifft“.

Auch Lindner ist in seiner Jugend mit Cannabis in Kontakt gekommen: „Ja, ich bin zwar nicht in der Lage, einen Joint zu bauen, aber ein paarmal habe ich schon gekifft.“ Seinen beiden Söhnen empfehle er folgenden Umgang mit Rauschmitteln: „Immer nur in Momenten, wo man schon einen hohen Grad an Zufriedenheit hat. Aber niemals zur Lösung irgendwelcher Probleme!“

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