Wirtschaft setzt sich durch

Firmen dürfen mit weniger Belastung rechnen. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) geht auf Verbände zu. SPD, Grüne und Deutscher Städtetag protestieren

BERLIN taz ■ Das lange Wühlen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BdI) scheint sich gelohnt zu haben. Die Unternehmen werden bei der Berechnung der neuen Gewerbesteuer ab 1. Januar 2004 wohl weniger belastet, als die Fraktionen von SPD und Grünen vorschlagen. Nach Informationen der taz schließt sich nach Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement nun auch Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) den Forderungen der Wirtschaftsverbände an, die die Höhe der Steuer drücken wollen.

Offiziell erklärten die Sprecher des Finanzministeriums gestern zwar, dass noch nichts beschlossen sei. Tatsächlich macht sich Eichels Haus mittlerweile aber dafür stark, die Steuer im Vergleich zu dem zu senken, was SPD, Grüne und auch der Deutsche Städtetag verlangen. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß kritisierte den Schwenk seines Ministers: „Wir stehen gegenüber den Kommunen im Wort.“ Der Deutsche Städtetag spricht vom „Verlust der Glaubwürdigkeit“. Und auch die kommunalpolitische Sprecherin der Grünen, Kerstin Andreae, sagt: „Wir hatten uns mehr erhofft.“ Andererseits sieht sie die Notwendigkeit, auf die Union zuzugehen, die zustimmen muss. Von konservativer Seite war Frohlocken zu vernehmen. Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) bezeichnete Eichels Positionierung als „richtigen Schritt“.

Im Gegensatz zu Wirtschafts- und Finanzministerium wollen die Regierungsfraktionen die Ausgaben der Unternehmen für Pachten, Zinsen und Leasing in die Berechung der Steuer einbeziehen. Wenn eine Firma einen Lkw least, könnte ein Teil der Leasingraten dann nicht mehr als Verlust von der Steuer abgezogen werden, sondern würde stattdessen dem Gewinn des Unternehmens hinzugerechnet. Dieses müsste mehr Steuer bezahlen. Das Argument dafür: Immer größere Teile des Gewinns würden als Finanzierungskosten deklariert, was die Einnahmen der Städte erheblich mindere.

Durch die Hinzurechnung der Finanzierungskosten erhoffen sich die Kommunen einen Einnahmezuwachs von rund vier Milliarden Euro gegenüber heute. Das Finanzministerium überlegt nun offenbar, die Städte und Gemeinden mit einem höheren Anteil der Mehrwertsteuer zu entschädigen. Diese Variante hat zwei Haken. Zum einen könnte die Kompensation geringer ausfallen. Zweitens erhöht sie den Druck auf Erhöhung der Mehrwertsteuer, die die SPD bislang ablehnt. HANNES KOCH