NRW-Kreise wollen ihre eigenen Arbeitslosen

Zahlreiche Landkreise in Nordrhein-Westfalen bewerben sich darum, Langzeitarbeitlose künftig selbst zu vermitteln

DÜSSELDORF taz ■ Während in Berlin noch über „Hartz IV“ verhandelt wurde, bereiten sich NRW-Kreise auf eine neue Aufgabe vor. Obwohl der Ausgang der gestrigen Verhandlungen über die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe bis zum Schluss offen war (bei Redaktionsschluss nicht beendet), sind knapp ein Dutzend Kreise entschlossen, sich ab dem 2005 selbst um die Betreuung Langzeitarbeitloser zu kümmern.

„Wenn es in Berlin eine Einigung gibt, werden viele Kreise mitmachen“, sagt Boris Zaffarana vom Landkreistag NRW. Während in den meisten Städten und Kreisen die Arbeits-Agenturen für alle Joblosen zuständig sind, müssen Langzeitarbeitlose etwa in Kleve, Soest, Steinfurt und Gütersloh demnächst wohl zum Kreishaus gehen.

Gestritten wurde gestern noch, wie viele Landkreise die Betreuung und Vermittlung ihrer langfristig Erwerbslosen selbst in die Hand nehmen dürfen. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) wollte dies bundesweit 43 Kreisen erlauben, die CDU/CSU forderte eine Experimentierklausel für 96 Landkreise. Als Kompromiss war die Zahl 60 im Gespräch. Rund ein Fünftel der Ausnahmen von der Regel könnte aus NRW kommen. Für den Fall der Einigung stand bereits ein Zeitplan fest. Bis zum 15. August sollen sich interessierte Kreise bei der Bundesregierung bewerben. Am 1. September sollen die Gebietskörperschaften Bescheid bekommen, ob sie zu den Auserwählten gehören.

„Wir haben die Kompetenz, das zu machen“, sagt Manfred Bensmann, Sozialamts-Leiter der Kreisverwaltung Steinfurt. Es komme jedoch darauf an, welche Finanzausstattung die Kreise für ihre neue Aufgabe gewährt bekämen. „Wir brauchen ausreichend und kompetente Fallmanager“, so Bensmann. Das größte Problem: der Zeitplan. „Es ist fast nicht mehr seriös machbar, diese Reform bis zum 1. Januar 2005 umzusetzen“, sagt der Sozialamts-Chef. Am besten fände er eine Verlegung um ein Jahr.

Die Kommunen stehen weitreichenden Sonderregelungen für die Kreise skeptisch gegenüber. „Die Ausnahmen dürfen nicht zu Lasten der kreisangehörigen Städte gehen“, sagt Ernst Giesen vom Gemeindebund NRW. Möglich ist aber auch, dass sich überhaupt nichts ändert. Rechtsexperten halten die gesamte „Hartz IV“-Reform für verfassungswidrig. MARTIN TEIGELER