Vorfahrt für Abgase

Autokolonnen verpesten die Luft der NRW-Landeshauptstadt. Grenzwerte wurden an vier Standorten überschritten: „Düsseldorf ist eine Auto-Stadt“

„In so einer großen Stadt muss man immer Kompromisse mit Lärm und Schmutz eingehen“, sagt die regierende CDU

VON ANNIKA JOERES

Über Düsseldorf liegt eine Abgaswolke: Nach neuesten Messungen des Umweltamtes überschreitet die Stadt an vier Stellen die Grenzwerte für Stickoxide in der Luft. Schuld an der dicken Luft haben die AutofahrerInnen: Dort, wo vierspurige Straßen und dichte Bebauung aufeinander treffen, zum Beispiel an der Corneliusstraße, wurden die erlaubten 54 Mikrogramm Stickoxide pro Kubikmeter überschritten. Stickoxide können bei Menschen zu Atembeschwerden führen, langfristige Schäden wie eine höhere Krebsgefahr werden ebenfalls vermutet.

„Die Situation hat sich weiter verschärft“, sagt Umweltamtsleiter Werner Görtz. Er rechnet damit, dass der Luftreinhalteplan wie es ihn schon für die Corneliusstraße gebe, nun auf weitere Stadtteile ausgedehnt werden müsse. Schon 2002 hatte die Corneliusstraße im Düsseldorfer Süden dreckige Berühmtheit erlangt: Sie war landesweit die erste Asphaltbahn in einem Wohngebiet, die die Grenzwerte überschritten hat. Eigentlich habe die Stadt eine Reduzierung der Immissionen prognostiziert, so Görtz, „weil die Autos ja immer schadstoffärmer werden.“

Die Autos stießen vielleicht weniger Gift aus, sie wurden aber auch zahlreicher. In der Amtszeit von CDU-Oberbürgermeister Joachim Erwin wurden zahlreiche Straßen zu vierspurigen Rennmeilen ausgebaut, die Taktzeiten der Rheinbahn hingegen wurden immer dünner, Radwege kamen nicht hinzu. Trotz der gesetzeswidrigen Luftwerte will die CDU nichts an ihrer Politik ändern. „Das Level ist nicht besorgniserregend“, sagt Georg Pigulla, Mitglied des CDU-Umweltausschusses. In einer so großen Stadt müsse man immer Kompromisse mit Lärm und Schmutz eingehen. Pigulla glaubt daran, dass der Straßenverkehr nur flüssiger laufen müsse. „Wir wollen flexiblere Ampelschaltungen und elektronische Stauschilder.“ Von der Idee, Straßen in Wohngebieten zu sperren, hält Pigulla nichts. „Als würde einem Menschen mit vier Bypässen einfach einer geschlossen.“

Ob die CDU-Ideen ausreichen, wird der Luftreinhalteplan der Bezirksregierung Düsseldorf zeigen. Das Amt ist von der Europäischen Union angewiesen, auf die Einhaltung der Richtwerte in seinen Städten zu achten, andernfalls muss die Bundesregierung Strafe zahlen. Erst einmal musste das Amt so einen Plan erarbeiten: Für Duisburg Bruckhausen, ein Stadtteil, der durch die alte Kokerei des Thyssen Krupp-Werkes stark verunreinigt war. Mit der neuen Kokerei ist die Luft in Duisburg nun wieder klarer. In Düsseldorf gebe es aber kein Industrie-, sondern ein Verkehrsproblem, sagt Hans-Peter Schröder, Sprecher der Bezirksregierung Düsseldorf. Der ÖPNV müsse attraktiver werden.

„Luftverschmutzung ist das größte Umweltproblem Düsseldorfs“, sagt der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Peter Hansen. Unternommen werde nichts. „Düsseldorf ist eine Auto-Stadt.“ Attraktivität werde mit maximalem PKW-Verkehr verwechselt. Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Iris Bellstedt, tönt ins selbe Horn. „Erwin gibt den Autos Vorrang.“ Busse in die Außenbezirke werden gestoppt, Straßenbahnen fahren immer seltener. Kein Wunder, so Bellstedt, dass die Menschen mit dem Auto führen. Die Stadt solle mit gutem Beispiel voran gehen und zum Beispiel die Busse der Rheinbahn endlich mit Rußfiltern ausstatten und Erdgasfahrzeuge einsetzen. „Aber unter dem Autofan Erwin wird nichts passieren.“