Linke Schokoküsse?

Ex-Terroristin Gabriele Rollnik las aus ihren Erinnerungen

Wie sieht eine Frau aus, die ihr Leben in den Dienst der Weltrevolution gestellt hat? Die, während andere LehrerInnen wurden oder Kinder kriegten, fünfzehn Jahre im Gefängnis saß? Gabriele Rollnik, als Mitglied der „Bewegung 2. Juni“ unter anderem an der Entführung des CDU-Politikers Peter Lorenz beteiligt, trägt heute Nachrichtensprecherinnen-Frisur und ein Samtsakko. Im Kubo las sie aus ihrem Buch „Keine Angst vor niemand“.

Vom Alt-68er, der die beschriebene Zeit selbst miterlebt hat, bis hin zu Studenten mit Rastas und Trainingsjacke – die Neugier, diese Frau kennenzulernen, war groß. Organisatoren waren die Bremer Ortsgruppe der „Roten Hilfe“, die „Junge Welt“-LeserInneninitiative sowie die Gruppe „andiamo!“. Besonders die Jüngeren wollten mit der Ex-Terroristin über Gewalt als politisches Mittel diskutieren. Respektvoll hieß es, die „Junge Welt“ würde Rollnik auch gern als Autorin gewinnen.

Rollnik trat 1974 der „Bewegung 2. Juni“ bei. Sie half bei Lorenz‘ Entführung und Gefangenhaltung in einem Berliner Second-Hand-Laden. 1975 wurde sie erstmals festgenommen. Naiv-sachlich schildert sie den filmreifen Gefängnisausbruch mit verknoteten Betttüchern – das Publikum lacht: „tolle Planung“. Die Bewegung hatte, im Kontrast zur RAF, das Image der sympathischen Stadtguerilla, die bei Banküberfällen Schokoküsse verteilte. Doch nicht immer liefen die Aktionen glatt: Die nicht geplante Erschießung des Kammergerichtspräsidenten Günther von Drenkmann wurde, so Rollnik selbstkritisch, in der Gruppe nie aufgearbeitet.

Insgesamt bereut sie ihre Handlungsweise nicht: „Der bewaffnete Widerstand war damals wichtig.“ Heute findet sie die moderate Globalisierungskritik interessant, wegen des „internationalen Moments“. Verständnis zeigt sie für die protestmüden Studenten von heute: „Abwarten: Widerstand ist auch eine Frage der Konjunktur.“ Sys