Grünes Licht für Kinder-Abschiebung

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht billigt, dass Kinder ihren Müttern weggenommen und nach Ghana ins Waisenhaus gebracht werden. Anwalt von zwei betroffenen Schwestern reicht als letztes Mittel Petition an die Bürgerschaft ein

von ELKE SPANNER

Die Justiz hat der Ausländerbehörde grünes Licht für die Abschiebung von Kindern ins Waisenhaus gegeben. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat gestern in höchster Instanz der Ausweisung der Schwestern Gifty und Silvia Oppong zugestimmt, die in Hamburg bei ihrer Mutter leben und nun nach Ghana in ein Kinderheim gebracht werden sollen (taz berichtete mehrfach). Für heute früh hat die Ausländerbehörde Flüge für die beiden Schwestern im Alter von 13 und 14 Jahren gebucht. Ihr Anwalt Anton Eger versucht nun, die Abschiebung politisch zu stoppen: Er hat am Nachmittag eine Petition in der Bürgerschaft eingereicht.

Eger bezeichnete es gestern als „unglaublich, welchen Spielraum die Gerichte der Ausländerbehörde einräumen“. Dabei hatte der Anwalt sogar schriftlich dargelegt, dass sich die Ausländerbehörde nicht einmal um die Unterbringung der Mädchen in Ghana gekümmert hat. Zwar hat das Amt gegenüber dem Gericht behauptet, sie in einem „Osu children‘s home“ in Accra oder über die Organisation „Children‘s Helpwork for Ghana“ unterzubringen. Diese Organisation aber verfügt selbst nicht über ein Kinderheim, sondern müsste erst auf die Suche nach einer Unterkunft gehen. Und das andere Waisenhaus nimmt nur Babys und Kinder bis zu maximal 12 Jahren auf.

Das Verwaltungsgericht hatte in der vorherigen Instanz ausgeführt, damit sei noch nicht bewiesen, dass die Kinder in Ghana „keinerlei Schutz oder Fürsorge erreichen könnten“. Wieso auch das OVG es billigte, die Kinder in eine derart ungewisse Zukunft zu schicken, erfuhr Eger noch nicht. Die Ablehnung seiner Beschwerde erfolgte zunächst ohne Begründung. Offenbar, so der Anwalt, „muss die Ausländerbehörde nur behaupten, es sei für alles gesorgt“, und schon bekäme sie grünes Licht vom Gericht.

Laut OVG-Sprecherin Angelika Huusmann sei die Frage „strittig“, ob die Mädchen in Ghana in den angegebenen Waisenhäusern unterkommen könnten. Das Gericht werde zu der Frage Stellung beziehen. Die Begründung des höchstrichterlichen Beschlusses werde heute nachgeliefert.

Der Beschluss des OVG dürfte präjudizierende Wirkung auf die beiden weiteren Fälle haben, in denen die Ausländerbehörde Kinder ihren Familien entreißen und alleine nach Ghana abschieben will. Die 14-jährige Barbara O. sollte am Montag nach Ghana ausreisen, der gleichaltrige Thomas Akabori A. gestern. Beide waren zum Abflug nicht am Flughafen erschienen. Die Ausländerbehörde hat angekündigt, dennoch „mit allen Möglichkeiten, die das Ausländergesetz bietet“, die Abschiebung der beiden zu vollziehen. Auch in diesen Fällen hatten die Anwälte darauf gehofft, dass das OVG die Ausländerbehörde stoppen würde.

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